Allgemein haben wir damit zu tun, wenn es um Krisenprävention, Konfliktvermeidung, -beendigung oder -schlichtung geht. Auch wenn es um die Einhaltung des Kriegsvölkerrechts geht, kommt das Thema zur Sprache, denn hier wird der Einsatz von Kindersoldaten ja verboten.
Deutschland engagierte sich sehr bei der Ausarbeitung des Zusatzprotokolls gegen Kindersoldaten zur UN-Kinderrechtskonvention. Verschiedene NGOs kritisieren allerdings, dass Deutschland zu wenig für die Umsetzung tut. Unter anderem wird gefordert, dass aus Deutschland keine Waffen mehr in Länder geliefert werden, wo möglicherweise Kindersoldaten eingesetzt werden. Warum hat Deutschland hier keine strengeren Regeln?
Unsere Rüstungsexportrichtlinien sind sogar noch strenger als die sowieso schon scharfen EU-Regeln. Die Exporte gehen vor allem in Nato-Länder und in Länder, die sozusagen Nato-Status haben. In einem Bündnis gehört es dazu, sich bei der Ausrüstung der Streitkräfte zu helfen. In Länder, wo keine Menschenrechte geachtet werden oder wo es konfliktverschärfend wirken könnte, verbieten die Richtlinien einen deutschen Waffenexport.
Auch die Bundeswehr bildet 17-Jährige für den Dienst an der Waffe aus. Machen wir uns damit nicht unglaubwürdig?
Bisher waren es, glaube ich, sehr wenige, die wirklich mit 17 Jahren eingezogen wurden. Ob nach der Umstellung zur "Freiwilligenarmee" überhaupt noch Minderjährige zur Bundeswehr gehen, weiß ich offen gesagt nicht. Ich kann mir aber vorstellen, dass es immer seltener der Fall sein wird. Außerdem ist eine Ausbildung bei der Bundeswehr überhaupt nicht zu vergleichen mit dem, was Kindersoldaten antrainiert wird.
Im Jahr 2011 haben über 1.000 minderjährige Flüchtlinge aus Afghanistan in Deutschland Asyl gesucht – möglicherweise nach einem Einsatz in einer Kampftruppe. Bekommen ehemalige Kindersoldaten hierzulande genug Unterstützung?
Allgemein sind die Asylanfragen in Deutschland zurückgegangen. Nach den EU-Regeln ist nämlich das Land, in das man als Erstes einreist, für die Asylgewährung zuständig. Durch unsere zentrale Lage sind wir eher selten das direkte Einreiseland. Deutschland gewährt aber all denen Asyl, die in ihrer Heimat politisch verfolgt werden. Ich glaube, dass wir uns gut um die Flüchtlinge kümmern. Ein paar Punkte – ab wann man zum Beispiel das Arbeitsrecht oder eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung erhält – halte ich aber für dringend verbesserungswürdig.
Deutschland hat seit einem Jahr den Vorsitz der UN-Arbeitsgruppe "Kinder und bewaffnete Konflikte". Hat sich in der deutschen Politik in Sachen Kindersoldaten seitdem etwas geändert?
Die Arbeitsgruppe gibt es ja schon lange und wird auch noch nach dem deutschen Vorsitz bestehen. Deshalb fürchte ich, dass nach einer so vergleichsweise kurzen Zeit nicht wirklich durchschlagende Erfolge erkennbar sind. Ende 2012 ist aber die deutsche Mitgliedschaft im Sicherheitsrat vorbei. Dann werden wir einen Abschlussbericht der Regierung erbitten, mit dem wir eine sichere Bilanz davon haben werden, was von der Arbeitsgruppe auf den Weg gebracht wurde.
Sie haben selbst vier Kinder. Können Sie sich irgendwie erklären, wie Erwachsene Kinder für ihre Interessen so brutal missbrauchen können?
Dort, wo das passiert, beispielsweise in Afghanistan, gibt es keine richtige Sicherheit. Da gilt dann: "Wenn wir uns nicht selbst schützen, schützt uns niemand." Das führt dazu, dass schon die Jüngsten lernen müssen, sich selbst, die Familie und den Stamm, zu verteidigen. In anderen Fällen, zum Beispiel im Kongo, werden Kinder von kriminellen Banden bedroht: "Wenn wir euch nicht umbringen sollen, dann macht mit!" Nachdem sie zu Kriegsverbrechen gezwungen werden, bleiben sie in der Bande, weil sie sonst vor Gericht kämen. Der Begriff Kindersoldaten blendet diese Dimension ja übrigens völlig aus. Deshalb finde ich ihn eigentlich auch daneben.