Mit einer breit angelegten, regionsübergreifenden Initiative wollen Wirtschaft und Politik dafür sorgen, dass Münster und die Region wieder an das ICE-Liniennetz der Deutschen Bahn (DB) angeschlossen werden. Unter gemeinsamer Federführung der IHK Nord Westfalen und des münsterschen Bundestagsabgeordneten Ruprecht Polenz (CDU) soll zu Beginn des neuen Jahres ein Bündnis aus fünf Industrie- und Handelskammern sowie mehreren Parlamentariern ins Leben gerufen werden, um die über Münster verlaufenden Fernverkehrsverbindungen zwi-schen den Metropolregionen Hamburg und Rhein/Ruhr deutlich aufzuwerten.
Die Chancen für eine konzertierte Aktion mit den Nachbarregionen stehen offenbar nicht schlecht. Denn auch Hamburg, Bremen, Osnabrück und das Ruhrgebiet müssen ein Interesse daran haben, dass die Deutsche Bahn auf dieser Metropolen-Achse ihr Top-Produkt, den ICE, regelmäßig verkehren lässt. „Meine Hauptgeschäftsführer-Kollegen zwischen Hamburg und Dormund haben klar signalisiert, dass sie da mitziehen werden“, unterstreicht IHK-Hauptgeschäftsführer Karl-Friedrich Schulte-Uebbing. Der Chef der IHK Nord Westfalen ärgert sich, dass die Metropolregionen überall in Deutschland mit ICE-Linien verbunden sind. Nur zwischen Hamburg und dem Ruhrgebiet fahren weiterhin Lok-bespannte Intercitys, die teil-weise mehr als 20 Jahre alte Waggons mit sich führen. Die langjährige Bevorzugung der süddeutschen und später auch der ostdeutschen Bundesländer bei der Weiterentwicklung des Hochgeschwindigkeitsnetzes der Bahn dürfe sich nicht zum dauerhaften Nachteil des Nordwestens entwickeln, so Schulte-Uebbing. Auslöser der aktuellen Initiative ist die zum Beginn des Winterfahrplans angekündigte Streichung der letzten direkten ICE-Verbindungen zwischen Münster und Frankfurt. „Diese erneute Diskriminierung unserer Region durch die DB können und wollen wir nicht kommentarlos hin-nehmen“, erklärt Ruprecht Polenz. Auch die über Jahre andauernde Zurückhaltung der Bahn bei den Planungen zum Umbau des münsterischen Hauptbahnhofs sieht er als weiteres Indiz für die schleichende Abkehr der DB vom Fernverkehrsbahnhof Münster. Gemeinsam mit der IHK Nord Westfalen, die sich seinerzeit für das zustande Kommen der nunmehr entfallenden ICE-Verbindungen stark gemacht hatte, will er nunmehr das Ruder herumreißen und setzt dabei auf eine parteiübergreifende Unterstützung seiner Abgeordnetenkollegen aus der Region und die Kooperation mit den IHKs. „Solange es im Fernverkehr de facto keinen Wettbewerb gibt, muss die Politik die Interessen einer Region auch gegenüber Herrn Mehdorn vertreten dürfen“, rechtfertigt der Münsteraner Bundestagsabgeordnete sein Engagement in der Sache. Auch Joachim Brendel, für Verkehrsfragen zuständiger IHK- Geschäftsführer, sieht den Zeitpunkt für eine gemeinsame Initiative gekommen: „Das Fernverkehrsangebot in Münster wird durch die Deutsche Bahn bereits seit einigen Jahren systematisch ausgedünnt“. Offenbar wolle die DB den Nord-Süd-Verkehr noch stärker auf die Achse Hamburg – Hannover – Frankfurt/Nürnberg konzentrieren. Wir müssen aufpassen, dass zukünftig nicht auch die Verbindungen zwischen Hamburg und dem Ruhrgebiet über Hannover und Bielefeld, anstatt wie bisher über Bremen und Münster geführt werden, so der IHK-Verkehrsexperte. Bereits in den nächsten Tagen will er seine Fachkollegen aus den übrigen betroffenen IHKs für Anfang 2007 zu einem Gespräch nach Münster einladen, um das weitere Vorgehen abzustimmen. Brendel: „Der Nordwesten hat bereits bei der Initiative „Lückenschluss A 31“gezeigt, dass er in der Lage ist, gemeinsame Interes-sen auch gemeinsam erfolgreich zu vertreten.“ Vielleicht gibt es bereits im Frühjahr 2007 eine Gelegenheit, das Thema mit dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn persönlich zu besprechen. Dann nämlich ist Hartmut Mehdorn Ehrengast beim alljährlichen Kramermahl der Münsteraner Kaufmannschaft. Neben dem Dauerthema „Umbau des Hauptbahnhofs“ wird der Bahnchef dann auch mit Fragen zur zukünftigen Fernverkehrsbedienung Münsters rechnen müssen.