Ruprecht Polenz

Ruprecht Polenz für den Handorfer Rundblick 2012

Aus dem Bundestag

In der renommierten Wirtschaftszeitschrift „The Economist“ wird die deutsche Wirtschaftskraft in den letzten Monaten nicht selten als leuchtendes Beispiel herangezogen. Gern wird dabei auf die hervorragende Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und seine gelungene Reformpolitik verwiesen und mit Bewunderung anerkannt, wie gut Deutschland die Finanzkrise überwunden hat.

Es ist kein Geheimnis, dass solide Haushaltsführung wichtig für ein nachhaltiges Wachstum ist.

Deutschland hat in den vergangenen beiden Jahren gezeigt, dass die Kombination aus Investitionen und Schuldenbegrenzung, zu hohem Wirtschaftswachstum beitragen kann. Die glaubwürdige Rückführung von Schulden schafft Vertrauen für Investitionen. Das starke Signal der Schuldenbremse, die wir in der Verfassung verankert haben, sollte man darum nicht unterschätzen.

Kein Geheimnis ist auch, dass die Landesregierung in Nordrhein Westfalen diesem Ziel scheinbar entgegenarbeitet.

Der Schuldenstand in Nordrhein-Westfalen, Land und Kommunen zusammen, liegt bei insgesamt 234 Milliarden Euro. Das ist mit weitem Abstand mehr als jedes andere Bundesland.

Unter der Rot-Grünen Regierung wurde inmitten in der Euro-Krise ein Nachtragshaushalt mit einer Neuverschuldung von 8,4 Milliarden Euro eingebracht. Wegen der überhohen Neuverschuldung hat das Landesverfassungsgericht diesen Haushalt jetzt für verfassungswidrig erklärt.

Für 2012 hätte ein weiteres Defizit von 700 Millionen Euro hinzukommen sollen, wäre der Haushaltsentwurf nicht, völlig zu Recht, gescheitert.
Es ist richtig, dass unser Land vor schweren Aufgaben und Herausforderungen steht. Für Bildung, Forschung und Familien brauchen wir wichtige Investitionen in die Zukunft. Natürlich darf und soll man Subventionen darum nicht pauschal kürzen.

Mit einer leichtfertigen Ausgabenpolitik allein ist aber keinem gedient. Hannelore Kraft spricht gerne von einer „vorsorgender Haushaltspolitik“. Das Problem mit dieser Politik ist ihre Finanzierung: Sie geschieht zulasten späterer Generationen.

Die CDU-Regierung hat es dagegen von 2005 bis 2010 geschafft, die Steuermehreinnahmen zur Schuldenreduzierung zu verwenden. 2008 - das letzte Jahr vor der Finanzkrise - war das erste Jahr in der Geschichte Nordrhein-Westfalens, in der es der CDU-Regierung in Düsseldorf gelungen ist, tatsächlich mehr einzunehmen als auszugeben und die Verschuldung herunter zu führen.

Für Rot-Grün bestätigte kürzlich Heiner Cloesges, der Leiter der Haushaltsabteilung beim Bund der Steuerzahler in Nordrhein-Westfalen, dass die Landesregierung in diesem Jahr so viele Schulden mache wie Hessen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz zusammen.
Eine Schuldenbremse im Sinne der Schuldenbremse des Bundes ist in NRW nach wie vor nicht auf Landesebene eingeführt worden. Erst vor kurzem hatte der Hauptausschuss des Landtages noch einen Gesetzesantrag der CDU-Fraktion (unterstützt von der FDP) zur Einführung der Schuldenbremse abgelehnt.

Wäre es beim rot-grünen Haushaltsentwurf geblieben, müsste NRW in den Folgejahren jedes Jahr zusätzlich 475 Millionen Euro sparen, um 2020 die Schuldenbremse einzuhalten.

Einen realistischen Plan, wie das Land seine Schulden in den Griff bekommen will, gibt es nicht. Es scheint fast, als ginge die Minderheitsregierung in NRW davon aus, der Bund werde das Land schon nicht im Stich lassen, weil es gewissermaßen „too big to fail“ sei.

Ich möchte ausdrücklich davor warnen, im Bund den Erretter zu sehen, der zuschießen muss, wenn im Land nicht ausreichend gewirtschaftet wird. Die Diskussion um den Länderfinanzausgleich ist bereits in vollem Gange. Wichtig ist aber, dass es für Länder und Kommunen gleichermaßen einen Anreiz geben muss, sich nicht in ihrer strukturellen Verschuldung einzurichten. Doch Schulden dürfen kein Dauerzustand sein, darum haben wir die Schuldenbremse eingeführt.

Und es muss Vorteile für diejenigen geben, die besser haushalten als andere.

An genau diesem Punkt setzt Angela Merkel erfolgreich auf europäischer Ebene an. Ein fundamentaler Baustein im neuen Regelungsgefüge Europa ist neben dem ESM daher auch der am 30. Januar von den Staats- und Regierungschefs fast aller Mitgliedstaaten beschlossene Fiskalvertrag. Die Einführung von Schuldenbremsen nach deutschem Vorbild in allen anderen Euro-Staaten, die mit diesem Vertrag verpflichtend sein wird, ist eine entscheidende Weichenstellung für die Stabilisierung des Euros.

Eine Währungsunion kann aber nur funktionieren, wenn jedes Mitgliedsland aus eigener Kraft solide wirtschaftet und wettbewerbsfähig ist.

Unsere Kanzlerin macht sich in den EU-Staaten für klare Zusage zu einer europäischen Schuldenbremse stark. Von unseren europäischen Nachbarn erwarten wir, dass sie rigide Sparprogramme auflegen und ihren Staatshaushalt in Ordnung bringen. Dem stimmen SPD und Grüne auch auf Bundesebene zu.

In NRW verweigert die rot-grüne Landesregierung zeitgleich, die Schuldenbremse in die Landesverfassung aufzunehmen.

Man kann nicht Wasser predigen und Wein trinken. Wie sollen wir unsere Forderungen durchsetzten, wenn wir nicht mit gutem Beispiel vorangehen?

Dazu hat Albert Schweitzer gesagt: „Das gute Beispiel ist nicht eine Möglichkeit, andere Menschen zu beeinflussen, es ist die einzige.“
Recht hat er.