1. Der Krieg ist niemals ein unabwendbares Schicksal. Er ist immer eine Niederlage der Menschheit. Mit diesen unmissverständlichen Worten hat der Papst klargestellt, dass Krieg immer ein Übel ist. Krieg bringt Tod, Leid und Elend über tausende von Männern, Frauen und Kindern.
2. Unsere Politik muß deshalb immer Friedenspolitik sein. Die bloße Forderung „kein Krieg“ ist aber noch keine Politik für den Frieden. Wenn man es mit skrupellosen Diktatoren vom Schlag Saddam Husseins zu tun hat, lautet die politische Frage: Mit welcher Politik lässt sich der Frieden auf Dauer sichern.
3. „Angesichts des Ausmaßes der Verbrechen von Saddam Hussein fällt es schwer, einen zweiten amtierenden Staatschef auf dieser Welt zu finden, an dessen Händen ähnlich viel Blut klebt“, schreibt Aryeh Neier, Mitbegründer der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, in der Süddeutschen Zeitung (17.02.03) und führt folgende (unvollständige) Liste seiner Verbrechen auf:
* Einsatz chemischer Waffen gegen iranische Truppen im acht Jahre dauernden Krieg mit dem Iran, den er 1980 begonnen hatte;
* Mord an ungefähr 5000 Einwohnern der vornehmlich von Kurden bewohnten Stadt Halabja im März 1988 durch den Einsatz chemischer Waffen, nachdem diese bereits in vorangegangenen Monaten gegen kurdische Dörfer eingesetzt wurden;
* Mord an ungefähr 100.000 Kurden während der „Anfal-Offensive“ zwischen Februar und September 1988. Die Opfer wurden in Wüstengebiete deportiert, wo man sie entlang ausgehobener Gräben erschoss. Die Massengräber wurden mit Planierraupen eingeebnet; * Zerstörung der alten Kultur der Madan im Südosten des Irak. Die Gegend wurde danach zwangsbesiedelt, verbliebene frühere Bewohner wurden erschossen;
* Saddams Aktionen in Kuwait im Rahmen der Invasion durch den Irak im Jahr 1990, einschließlich des – noch immer ungelösten – Verschwindens hunderter kuwaitischer Staatsbürger;
* Brutale Racheakte gegen die Schiiten im Süden des Irak nach dem Golfkrieg 1991;
* Verfolgung aller Iraker, die im Verdacht stehen, nicht systemtreu und illoyal zu sein.
4. Der Irak hat in den letzten zwanzig Jahren zwei Kriege gegen Nachbarstaaten angefangen (Iran und Kuwait), die mehr als eine Million Todesopfer gefordert haben. Vom Irak geht eine Bedrohung aus für Frieden und Sicherheit in der Region des Nahen und Mittleren Ostens. Saddam Hussein will den Irak zur Vormacht Nr.1 in der arabischen Welt machen. Er sieht sich als modernen Nebukadnezar. Dabei verfolgt er eine außerordentlich aggressive und feindselige Politik Israel gegenüber, das er „zerstören und vernichten“ will. Deshalb hat er entgegen seinen Verpflichtungen aus dem Waffenstillstandsvertrag nach 1991 seine chemischen und biologischen Massenvernichtungswaffen sowie Raketen größerer Reichweite nicht kontrolliert abgerüstet. Im Gegenteil: Viele Indizien deuten darauf hin, dass Saddam Hussein weiter nach Massenvernichtungswaffen strebt und daß er sich auch in den Besitz von Atomwaffen bringen will.
5. Nach dem Waffenstillstand 1991 haben die Vereinten Nationen über den Irak ein Sanktionsregime gem. Kap. VII der UN-Charta (Friedenserzwingende Maßnahmen) verhängt. Der Irak wurde verpflichtet, seine Massenvernichtungswaffen und alle Raketen mit einer Reichweite über 150 km kontrolliert abzurüsten und zu vernichten. Gleichzeitig verhängten die Vereinten Nationen Wirtschaftssanktionen gegen den Irak. Sobald die Abrüstung vollzogen wäre, sollten die Wirtschaftssanktionen aufgehoben und der Irak wieder in die Staatengemeinschaft aufgenommen werden.
6. Seit 1991 hat der Irak 16 Resolutionen des UN-Sicherheitsrats, die ihn zur Abrüstung veranlassen sollten, praktisch unbeachtet gelassen. Saddam Hussein hat die Wirtschaftssanktionen gegen die eigene Bevölkerung gewendet, das Programm oil-for-food bewusst nicht ausgeschöpft und so mit der Not der irakischen Bevölkerung versucht, die Weltgemeinschaft zu erpressen und eine Aufhebung der Sanktionen zu erreichen. Während viele im Irak hungern, lässt Saddam Hussein für sich neue Paläste bauen. (Dass nicht die Wirtschaftssanktionen selbst für das Elend verantwortlich sind, kann man im Nordirak sehen. Die Kurden kommen mit dem oil-for-food Programm ziemlich gut zurecht.) Nachdem der Irak die UN-Inspektoren jahrelang hingehalten und immer wieder hintergangen hatte, wurden die Inspektoren 1998 ganz abgezogen.
7. Die Resolution 1441, die der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 08. November 2002 einstimmig (mit der Stimme Syriens) beschlossen hat, ist die 17. Resolution gegenüber dem Irak und gibt Saddam Hussein eine letzte Chance, endlich seinen Verpflichtungen zu entsprechen. Sollte er wiederum nicht abrüsten und vor allem nicht vorbehaltlos mit den UN-Inspektoren zusammenarbeiten, muss der Irak – so die Resolution 1441 wörtlich – „mit ernsten Konsequenzen“ rechnen. „Ernste Konsequenzen“ bedeutet in der Diplomatensprache, dass die Entwaffnung des Irak dann mit militärischen Mitteln durchgesetzt wird. Nur durch den Druck der Resolution 1441 und den militärischen Truppenaufmarsch von Amerikanern und Briten in der Region ist es gelungen, eine Rückkehr der Inspektoren in den Irak durchzusetzen, so die Erklärung der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union vom 17.02.03.
8. Die Inspekteure sind keine Detektive. Es geht nicht darum, etwas zu finden, was der Irak versteckt hat. Es geht um „declaration and verfication“ , so UN-Chefinspekteur Hans Blix. Der Irak muss seine Massenvernichtungswaffen bzw. das, was damit geschehen ist, deklarieren – und anschließend sollen die Inspekteure diese Angaben des Irak auf ihre Richtigkeit überprüfen.
9. Nach Angaben des UN-Chefinspekteurs Blix (Bericht vor dem UN-Sicherheitsrat am 27.01.03)
* gibt es „nachhaltige Hinweise“ darauf, dass der Irak mehr Anthrax (Milzbrand-Erreger) produziert hat und dass er „einiges davon“ versteckt hat. Zudem habe der Irak 650 kg Nährmittel zur Herstellung von Milzbrand-Bakterien nicht deklariert. „Ich stelle fest, dass die Menge der fraglichen Nährmittel ausreichend wäre, um beispielsweise ca. 5000 Liter konzentriertes Anthrax herzustellen.“ (Blix). Diese Dosis würde reichen, um mehrere Millionen Menschen zu töten.
* verfügen die UN-Inspektoren über Informationen, dass der Irak das Nervengift VX nicht – wie behauptet – vernichtet hat und dass es Hinweise gibt, dass das Nervengift in Waffen eingebaut wurde.
* gibt es in der Deklaration des Irak zu seinen Chemiebomben eine Differenz von 6500 Bomben mit chemischen Kampfstoffen. „Die Gesamtmenge der in diesen Bomben enthaltenen chemischen Kampfstoffe beliefe sich auf 1000 Tonnen.“ (Blix)
* hat der Irak in jüngerer Zeit unter Umgehung der UN-Sanktionen illegal Chemikalien für Raketentreibstoffe, Testinstrumente sowie Leit- und Kontrollsysteme und 380 Raketenmotoren importiert.
* hat der Irak verbotswidrig die Infrastruktur für eine Herstellung von Raketen mit einer größeren Reichweite als 150 km wieder aufgebaut.
* arbeitet der Irak mit den Inspektoren nicht so zusammen, wie es die Resolution 1441 verlangt.
10. Mit der Annahme der Resolution 1441 ist die Frage eines amerikanischen Alleingangs „eine Frage von gestern, die sich nicht mehr stellt“, so Außenminister Joschka Fischer (Süddeutsche Zeitung vom 17.12.02). Nach 16 vergeblichen Anläufen muss die Resolution 1441 jetzt durchgesetzt und Saddam Hussein entwaffnet werden. Nur so lässt sich im Hinblick auf den Irak der Frieden auf Dauer sichern. Nur so kann die Glaubwürdigkeit der Vereinten Nationen vor schwerwiegendem Schaden bewahrt werden. „Wir wollen dies friedlich erreichen. Es ist klar, dass es das ist, was die Völker Europas wollen. Krieg ist nicht unvermeidbar. Gewalt sollte nur als letztes Mittel gebraucht werden. Es liegt beim irakischen Regime, diese Krise zu beenden, indem es die Forderungen des Sicherheitsrats erfüllt. Wir erneuern unsere volle Unterstützung für die laufende Arbeit der UN-Inspekteure. Ihnen müssen die Zeit und die Mittel gegeben werden, die der UN-Sicherheitsrat für nötig hält. Jedoch können die Inspektionen ohne volle irakische Kooperation nicht unendlich fortgesetzt werden....Bagdad sollte sich keine Illusionen machen: Es muss sofort und vollständig abrüsten und kooperieren. Der Irak hat eine letzte Möglichkeit, diese Krise friedlich beizulegen. Das irakische Regime wird alleine für die Folgen verantwortlich sein, wenn es fortfährt, den Willen der internationalen Gemeinschaft zu ignorieren und diese letzte Chance nicht nutzt.“ (So wörtlich die Erklärung der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union vom 17.02.03).
11. Deutschland muss diese Position der EU unterstützen und sich voll hinter die UN-Resolution 1441 stellen, d.h. auch die Androhung „ernster Konsequenzen“ politisch mittragen, wenn der Druck auf Saddam Hussein nicht abgeschwächt werden soll. Dies würde sein Nachgeben unwahrscheinlicher und damit einen Krieg – entgegen den eigenen Absichten – eher wahrscheinlicher machen. Mit der gemeinsamen EU-Erklärung vom 17.02.03 muss der deutsche Sonderweg endgültig beendet werden.
12. Auf der Basis dieser gemeinsamen EU-Erklärung müssen jetzt auch verstärkte Anstrengungen unternommen werden, mit den USA ein besser abgestimmtes Vorgehen im Sicherheitsrat zu erreichen. Uneinigkeit zwischen Europa und den USA nützt nur Saddam Hussein.