„Ich halte eine schnelle Reaktion Ihres Hauses für dringend erforderlich, um sicherzustellen, dass die gemeinnützigen Tafeln ihre wichtige Arbeit für bedürftige Menschen auch in Zukunft erfüllen können,“ appelliert der Bundestagsabgeordnete Ruprecht Polenz (CDU) in einem Schreiben an Renate Kühnast, Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft. Die gemeinnützige Münster-Tafel, die überschüssige Lebensmittel von Herstellern und Supermärkten erhält und an Bedürftige weiter verteilt, hatte sich mit der Bitte um Hilfe an Polenz gewandt, weil sie ihre Arbeit durch die EU-Verordnung 178/2002 gefährdet sieht. Diese EU-Verordnung soll eine lückenlose Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln vom Hersteller über Groß- und Einzelhandel zum Endverbraucher gewährleisten. Aufgrund der eingetretenen Rechtsunsicherheit hat die Handelsgruppe EDEKA bereits keine überschüssigen Lebensmittel mehr an die Tafeln verteilt, wie Roland Goetz, Vorsitzender der Münster-Tafel dem Abgeordneten mitgeteilt hatte.
Das Problem bestehe nun darin, dass auch die gemeinnützige Organisation der Tafeln als Handel im Sinne der EU-Verordnung 178/2002 eingestuft wird. Die in dieser Verordnung festgelegte lückenlose Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln und Futtermitteln lasse sich jedoch mit der Arbeitsweise der Tafeln nicht verwirklichen. Die abgebenden Hersteller und Geschäfte würden die entsprechende Einzelkennzeichnung nicht machen, so Goetz, sondern die Lebensmittel dann eher vernichten lassen. Umgekehrt könnten auch die Tafeln eine der Verordnung entsprechende Einzelkennzeichnung nicht vornehmen. Eine Lösung könnte nach Ansicht von Goetz in einer Ausnahmegenehmigung liegen, nach der gemeinnützige Organisationen wie die Tafeln nicht als Händler im Sinne der Verordnung eingestuft würden. Sie sollten dann wie bisher verpflichtet sein, die Vorschriften des Herstellers zu beachten (z.B. Mindesthaltbarkeit, Kühlkette etc.), und die örtlichen Lebensmittel- und Veterinärämter müssten dies wie bisher kontrollieren.
„Aber gleichgültig, sehr geehrte Frau Ministerin, wie Sie es regeln: die EU-Verordnung 178/2002 darf gerade angesichts von Harz IV nicht zu einem „Aus“ für die Tafeln werden. Bereits jetzt ist wegen des Inkrafttreten der Verordnung zum 1. Januar bei den Lieferanten der Tafeln eine erhebliche Rechtsunsicherheit eingetreten, die eine schnelle und unmissverständliche Klarstellung durch Ihr Haus verlangt“, so Polenz in seinem Schreiben.
Seit Februar 1998 sammelt die gemeinnützige Münster-Tafel e.V. einwandfreie Nahrungsmittel bei Herstellern und Geschäften ein, um sie an Bedürftige weiterzuleiten. 78 ehrenamtliche Helfer holen die Lebensmittel ab und geben sie an eine der 76 Verteilerstellen in Münster weiter. Ca. 7000 Personen werden so wöchentlich von dieser Tafel versorgt. Die Zahl der Lebensmittellieferanten ist auf 144 gestiegen. Das Gros davon Hersteller und Großhändler.
Gleichzeitig zur Versorgung der Stadt Münster hat die Münster-Tafel auch eine bundesweite Verteilerfunktion für ca. 25 andere Tafeln übernommen. Der Grund: den Lieferanten ist es lieber, mit einem Ansprechpartner zu tun zu haben. Im Jahr laufen so ca. 2500 Tonnen Lebensmittel bundesweit über Münster.