Fragen- und Antwortkatalog zur Gesundheitspolitik
1. Frage: Sind Chroniker weiterhin von Zuzahlungen befreit?
Antwort: Nein. Alte Befreiungskarten der Krankenkassen verlieren ab dem 01. Januar 2004 ihre Gültigkeit. Auch chronisch Kranke müssen in Zukunft Zuzahlungen für Arzneimittel, Verbandmittel, Heilmittel, Krankenhausaufenthalt, Rehabilitation, etc. leisten und zwar bis zur Belastungsgrenze. Die Belastungsgrenze beträgt bei chronisch Kranken, die wegen derselben schwerwiegenden Krankheit in Dauerbehandlung sind, eins vom Hundert der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt. Das Nähere zur Definition einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92.
2. Frage: Trifft es zu, dass Kranke künftig hohe Anforderungen erfüllen müssen, um als Chroniker anerkannt zu werden?
Antwort: Nein. Bundesgesundheitsministerin Schmidt hat eine Richtlinie des Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gestoppt, die festlegte, dass als chronisch Kranker nur anzuerkennen ist, wer ein Jahr lang zweimal pro Quartal wegen seiner Erkrankung beim Arzt gewesen sei und zudem in zwei Jahren mindestens zweimal vollstationär im Krankenhaus behandelt oder als Pflegebedürftiger der Pflegestufe 2 bzw. Schwerbehinderter (70%) anerkannt ist. Da das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung diese Richtlinie beanstandet hat, muss der Bundesausschuss Ärzte und Krankenkassen nunmehr neue Kriterien finden. Die Richtlinie muss im Sinne des GKV-Modernisierungsgesetzes geändert werden. Darin waren niemals derartig hohe Hürden vorgesehen.
3. Frage: Trifft es zu, dass der Bundesausschuss Ärzte und Krankenkassen noch im Dezember diesen Jahres die Richtlinien für die Verordnung von Heilmitteln (z.B. Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie) verschärfen möchte?
Antwort: Der Bundesausschuss Ärzte und Krankenkassen hat am 01. Dezember 2003 neue Heilmittelrichtlinien beschlossen. Das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung prüft zurzeit, ob durch diese neuen Heilmittelrichtlinien chronisch Kranke, Schlaganfallpatienten und behinderte Menschen Einschnitte in ihrer Behandlung erfahren. Aus Sicht der Union bestand keine Notwendigkeit, kurz vor Inkrafttreten des GKV-Modernisierungsgesetzes die Heilmittelrichtlinien zu novellieren. Hätte der gemeinsame Bundesausschuss unter Beteiligung der Patientenverbänden eine Novellierung vorgenommen, wäre sichergestellt, dass die Interessen von Kranken und chronisch Kranken nicht auf der Strecke bleiben. Denn es muss gewährleistet sein, dass eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit Heilmitteln erfolgt und dabei den besonderen Erfordernissen bei der Versorgung behinderter Menschen und psychisch Kranker Rechnung getragen wird.
4. Frage: Kann eine Brille auch dann noch mit der gesetzlichen Krankenversicherung verrechnet werden, wenn die Brille noch im Jahr 2003 verordnet wurde, der Patient sie aber erst im Jahr 2004 abholt?
Antwort: Nein. Grundsätzlich gilt ab 01. Januar 2004 das neue Recht, wonach für Brillen keine Zuschüsse mehr gezahlt werden. Ausnahmen bestehen nur dann, wenn es sich um Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr handelt sowie bei schwer sehbeeinträchtigten Menschen. Das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung teilt die durch Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gefestigte Meinung der Spitzenverbände der Krankenkassen, dass nicht der Verordnungszeitpunkt, sondern der Abgabezeitpunkt entscheidend ist. Das neue Recht ist auch den Optikern seit längerem bekannt. Die Kunden werden schon seit Wochen aufgerufen, noch in diesem Jahr eine Brille zu bestellen. Wenn es nun zu Lieferengpässen kommt, dann können diese nicht auf die neue Rechtslage abgewälzt werden. Bislang lag die durchschnittliche Zuzahlung für eine Brille bei ca. 50 Euro.
5. Frage: Erstattet die Krankenkasse in Zukunft noch Fahrkosten?
Antwort: Fahrkosten werden nur dann von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen, wenn es dringende medizinische Gründe gibt. Die Krankenkasse muss in diesen Fällen eine Genehmigung erteilen. Die genehmigungsfähigen besonderen Ausnahmefälle werden durch den Gemeinsamen Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien festgelegt. Derzeit liegt ein Richtlinienvorschlag vor, der aber noch zwischen den Spitzenverbände der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung diskutiert wird.
6. Frage: Kann ein Arzt einem Patienten die Behandlung verweigern, wenn dieser die Praxisgebühr nicht entrichten kann oder will?
Antwort: Nach Auffassung der Bundesregierung und der Partner des Bundesmantelvertrags (Spitzenverbände der Krankenkassen und Kassenärztliche Bundesvereinigung) können Ärzte mit Ausnahme von Fällen akuter Behandlungsbedürftigkeit die Behandlung von Versicherten von der vorherigen Zahlung der Praxisgebühr abhängig machen. Der Arzt darf die Behandlung verweigern, wenn der Versicherte die Praxisgebühr nicht entrichtet und es sich um keinen Fall akuter Behandlungsbedürftigkeit handelt.
7. Frage: Gilt die Praxisgebühr auch für Notfälle?
Antwort: Ja. Die Praxisgebühr wird fällig, sobald eine ärztliche Leistung eines Haus- oder eines Facharztes in Anspruch genommen wird. Das ist auch bei einem Notfall der Fall. Hier gilt jedoch: Erst behandeln, dann bezahlen. Der Arzt kümmert sich zuerst um den Patienten, danach ist er verpflichtet, die Praxisgebühr einzutreiben.
8. Frage: Wie sieht es aus, wenn der Patient lediglich ein Rezept ausstellen lässt oder telefonisch eine ärztliche Leistung in Anspruch nimmt?
Antwort: Auch wer nur beim Arzt anruft und eine Information erbittet, muss 10 Euro Praxisgebühr bezahlen. Im Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung wird jedoch zurzeit geprüft, ob derjenige, der zum Arzt geht, um nur ein Rezept für ein bekanntes und bereits verschriebenes Medikament abzuholen, von der Praxisgebühr befreit werden kann.
9. Frage: Müssen auch Frauen, die ein Rezept für die Pille bei ihrem Gynäkologen abholen, eine Praxisgebühr entrichten?
Antwort: Ja, wenn eine gynäkologische Untersuchung in die Verordnung einer Pille mündet, dann fällt ebenfalls eine Praxisgebühr an. Das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung prüft, ob Folgerezepte für die Antibabypille gesetzlich von der Praxisgebühr zu befreien sind. Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr sind generell von der Praxisgebühr befreit.
10. Frage: Werden auch bei Vorsorgeuntersuchungen Praxisgebühren erhoben?
Antwort: Nein. Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen sowie Schutzimpfungen bleiben kostenfrei, ebenso die jährlichen zahnärztlichen Kontrolluntersuchungen im Rahmen der Bonusregelung. Denn es ist ein wichtiges Ziel der Gesundheitsreform, die Prävention zu stärken und gesundheitsbewusstes Verhalten zu fördern. Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr sind generell von allen Zuzahlungen befreit, also auch von der Entrichtung einer Praxisgebühr.
11. Frage: Muss ich beim Zahnarzt extra eine Praxisgebühr zahlen?
Antwort: Ja, auf die erste Inanspruchnahme eines Zahnarztes muss pro Quartal eine Praxisgebühr von 10 Euro entrichtet werden, es sei denn, es handelt sich um die jährliche Kontrolluntersuchung im Rahmen der Bonusregelung. Für diese zahnärztliche Vorsorgeuntersuchung fällt keine Praxisgebühr an.
12. Frage: Fällt beim Zahnarzt die Praxisgebühr auch dann an, wenn schon zuvor beim Hausarzt eine Praxisgebühr entrichtet wurde? Kann man auch zum Zahnarzt mit einer Überweisung gehen?
Antwort: Wenn ein Patient in einem Quartal zum ersten Mal zum Arzt geht (das kann ein Hausarzt, Facharzt oder auch ein Psychotherapeut sein), zahlt er eine Praxisgebühr von 10 Euro. Alle weiteren Arztbesuche in demselben Quartal sind gebührenfrei, wenn der Patient denselben Arzt noch öfter aufsucht oder wenn er mit Überweisungen zu anderen Ärzten geht. Wenn er einen Zahnarzt zur Behandlung aufsucht, muss er pro Quartal eine separate Praxisgebühr von 10 Euro bezahlen. Das gilt auch dann, wenn er bereits bei einem Hausarzt oder einem Facharzt für das Quartal eine Praxisgebühr entrichtet hat. Die jährlichen Kontrolluntersuchungen beim Zahnarzt sind aber von der Praxisgebühr ausgenommen.
13. Frage: Muss auch dann eine neue Praxisgebühr entrichtet werden, wenn sich die Behandlung bis ins nächste Quartal hineinzieht?
Antwort: Ja. Auch wenn eine Behandlung bis in das nachfolgende Quartal reicht, muss der Patient nochmals eine Praxisgebühr entrichten. Die Praxisgebühr deckt zwar beliebig viele Behandlungen ab, sie gilt jedoch nur für ein Quartal.
14. Frage: Gilt die Belastungsgrenze von 2% auch bei Studenten?
Antwort: Die bisherigen Vergünstigungen für Studenten (Bafög-Empfänger) gelten in Zukunft nicht mehr. Ab 01. Januar 2004 müssen sie Zuzahlungen leisten. Es gilt auch hier die Belastungsgrenze von 2% bzw. 1%.
15. Frage: Sind auch Bewohner von Pflegeheimen verpflichtet, eine Zuzahlung zu erbringen?
Antwort: Auch für Bewohner von Pflegeheimen gilt die Belastungsgrenze von 2% und sofern der Bewohner chronisch Krank ist, die Belastungsgrenze von 1%. Verpflichtet zur Entrichtung von Zuzahlungen ist der GKV-versicherte Heimbewohner. Wenn der Heimbewohner Taschengeldempfänger ist, dann bleibt er pflichtig und der Sozialhilfeträger zieht ihm den Zuzahlungsbetrag von der Sozialhilfe ab. Da dies aber den Heimbewohner unter Umständen unzumutbar belastet, wird eine „Quotelung“ angestrebt. Das bedeutet, dass der Zuzahlungsbetrag in Höhe von einem Prozent bzw. zwei Prozent des jährlichen Einkommens nicht sofort fällig wird, sondern über vier Quartale verteilt oder sogar durch 12 Monate dividiert wird.
Weitere Antworten auf Fragen erhalten Sie auf der Internetseite des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung unter dem Stichwort www.die-gesundheitsreform.de .
Im Übrigen hat das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung auch ein Bürgertelefon geschaltet, das von Montag bis Donnerstag in der Zeit von 08:00 bis 20:00 Uhr besetzt ist und unter folgender Nummer erreicht werden kann: 0800 / 15 15 15 9.