Ruprecht Polenz

Polenz will die Türkei an die EU binden

Rupecht Polenz im Interview mit Daniela Vates für die Berliner Zeitung, am 23.2.2013.

Vor der Reise der Bundeskanzlerin Angela Merkel in die Türkei wirbt der CDU-Politiker Ruprecht Polenz für Beitrittsverhandlungen mit Ankara. Entgegen der bisher dominierenden Haltung in der Union will der Politiker auch die Visa-Regeln lockern.

Auf Knien würden die Europäer künftig nach Ankara robben, um mit der Türkei zusammenarbeiten zu können. So hat es EU-Energiekommissar Günther Oettinger vor ein paar Tagen gesagt. Nun fährt die Kanzlerin in die Türkei und die Bundesregierung legt Wert auf die Feststellung, dass dies in einer anderen Körperhaltung geschieht. „Verhandlungen führt man im Sitzen“, heißt es in der Regierung.


Im Sitzen also wird Merkel mit Präsident Abdullah Gül und Premier Recep Tayyip Erdogan sprechen. Eines der wichtigsten Themen: die EU-Beitrittsverhandlungen. Die haben zuletzt kaum noch Fortschritte gemacht, unter anderem, weil Frankreich blockierte. Von der neuen französischen Regierung kommen nun positive Signale – und die deutsche Regierung drängt darauf, dass es weitergeht.

„Eine Türkei, die gegen die europäischen Interessen in der Region handeln würde, würde unsere Probleme deutlich verschärfen“, begründet der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Ruprecht Polenz (CDU), diese Haltung. Die Türkei ist ein Wirtschaftsboomland, sie verbindet Europa mit dem Mittleren Osten und ist daher auch sicherheitspolitisch interessant.

"Privilegierte Partnerschaft" verbrannt

Polenz geht davon aus, dass sich deswegen auch die Haltung seiner Partei zur Türkei ändert. Bisher lehnt die CDU eine EU-Aufnahme der Türkei ab. Stattdessen soll es lediglich eine „privilegierte Partnerschaft“ geben.

Polenz sagt nun: „Den meisten in meiner Partei ist klar, dass der Begriff der ,privilegierten Partnerschaft’ verbrannt ist. Der Begriff ist in der Türkei negativ belegt. Man sollte ihn nicht mehr verwenden.“ Stattdessen müsse man sich darauf einlassen, dass die Verhandlungen über eine Aufnahme der Türkei in die EU tatsächlich positiv abgeschlossen werden könnten. „Es ist wirklich ein offener Prozess“, sagte Polenz der FR. „Wir sollten nicht betonen, was fehlt, sondern schauen, was man tun kann, um die Verbindung zu stärken.“

Dazu gehört für den Außenpolitiker auch eine Lockerung der Visa-Regeln für Türken und die Zusage, syrische Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen. 200.000 von ihnen leben derzeit in der Türkei in Behelfslagern. Zudem fordert Polenz, bei der doppelten Staatsbürgerschaft eine weniger harte Linie zu fahren. „Wir sollten da nicht in die alten Gräben zurückgehen“, sagt er.