Der CDU-Politiker Ruprecht Polenz hat sich für eine friedliche Lösung im Konflikt mit Iran ausgesprochen. Nun müsse das "Handwerkszeug" der Politik und Diplomatie greifen. Mit Sanktionen wie dem Ölembargo sende man derzeit "eine deutliche Botschaft", sagte er vor dem Hintergrund der Münchner Sicherheitskonferenz.
Marietta Schwarz: Wie jedes Jahr wird bei der Münchner Sicherheitskonferenz, die heute beginnt, auch über aktuelle Krisen gesprochen. Eine Krise ist der seit Jahren anhaltende Atomstreit mit dem Iran. Nach Experteneinschätzungen steht das Land kurz vor dem Bau einer Atombombe. Die bisher verhängten Sanktionen konnten das nicht verhindern. Die EU ist deshalb noch einen Schritt weiter gegangen und wird vom 1. Juli an alle Öleinfuhren stoppen. Der Iran reagierte daraufhin mit der Drohung, selbst die Ölausfuhren sofort einzustellen. Lautes Säbelrasseln also, das man ernst nehmen muss, meint Wolfgang Ischinger, Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz. Aber was tun? Fragen dazu an den CDU-Außenexperten Ruprecht Polenz, der jetzt am Telefon ist.
Guten Morgen!
Ruprecht Polenz: Guten Morgen, Frau Schwarz!
Schwarz: Herr Polenz, warum sollte dieses Ölembargo erfolgreicher sein als die vorherigen Sanktionen?
Polenz: Die iranische Wirtschaft ist in einer schlechten Verfassung, die Menschen wissen, dass eigentlich die Ölknappheit auf der Welt ihnen größeren Wohlstand bescheren könnte, wenn man vernünftig wirtschaften würde. Also die Wirtschaftssanktionen werden stärkere Wirkung entfalten, und zusätzlich kommt dazu, dass auch die gesamte Internationale Gemeinschaft dem Iran signalisiert hat, er ist auf einem falschen Kurs, den muss er ändern, das war der Gouverneursrat bei der Internationalen Atomenergiebehörde, der das in einer Resolution erneut festgestellt hat. Und auch China hat ja signalisiert, man würde zwar sich an den Sanktionen jetzt bei dem Öl nicht beteiligen, würde aber auch nicht das überschüssige Öl, was jetzt die Europäer nicht mehr abnehmen wollen, dann als Chinesen kaufen. Also der Druck nimmt deutlich zu.
Schwarz: Ein paar Druckmittel aber hat Teheran auch in der Hand: Der Iran könnte die für den Ölhandel wichtige Straße von Hormus schließen, das hat er bereits angedroht. Damit geht die EU doch ein großes Risiko ein, nämlich möglicherweise sogar das Risiko eines Krieges, oder?
Polenz: Die Freiheit der Seewege ist ein hohes völkerrechtliches Gut, und die USA und andere haben deutlich gemacht, dass sie eine Sperrung der Straße von Hormus nicht hinnehmen würden, das würde das Überschreiten einer roten Linie bedeuten, und die USA haben sicherlich auch die Machtmittel in der Region mit zwei großen Flugzeugträgerflotten, eine Schließung der Straße von Hormus zu unterbinden. Es kommt aber noch was anderes dazu: Der Iran würde sich durch eine solche Maßnahme selbst schaden, denn der größte Teil seiner eigenen Einfuhren geht auch durch die Straße von Hormus. Er würde sich selber auch von einem Güterstrom abschneiden, auf den er und seine Bevölkerung dringend angewiesen ist.
Schwarz: Aber Herr Polenz, gilt es nicht, einen solchen Krieg mit allen Mitteln zu verhindern?
Polenz: Natürlich geht es darum, eine bewaffnete Auseinandersetzung, einen Krieg zu vermeiden, deshalb ja auch die Sanktionen, die im Grunde in das Handwerkszeug, in das Spektrum von Politik, von Diplomatie, von Kommunikation in gewisser Weise auch gehören, denn man sendet ja eine deutliche Botschaft durch solche Sanktionen. Und es liegt am Iran, jetzt endlich einzusehen, dass er sich mit seinem Kurs auf ein militärisches Nuklearprogramm auf einem gefährlichen Irrweg befindet. Das Gefährliche daran ist eben vor allen Dingen, dass er zu einem nuklearen Wettrüsten in der ganzen Region führen könnte und damit zu einem Ende des Atomwaffensperrvertrags.
Schwarz: Viele Experten sagen ja, dass die iranische Atombombe gar nicht mehr zu verhindern ist und dass man das auch einfach akzeptieren muss. Wolfgang Ischinger, der meint, wir müssen jetzt über einen Plan B reden für diese Situation. Das ist ja ein ganz neuer Ton. Also wie müsste denn ein solcher Plan B aussehen?
Polenz: Ja, zunächst einmal kommt es, glaube ich, schon wegen der Gefahr der Proliferation, also eines nuklearen Wettrüstens, darauf an, alles zu versuchen, damit kein weiterer Atomwaffenstaat auf dieser Welt neu in Erscheinung tritt, dass der Iran also kein neuer Atomwaffenstaat wird. Wenn das nicht gelingen sollte, dann hat Herr Ischinger die Frage aufgeworfen, was macht man dann. Und er hat eine Politik der Eindämmung, des Containment, vorgeschlagen, die ich auch für richtig halten würde, verbunden mit Garantiezusagen an die Länder der Region, dass sie für den Fall eines iranischen Drucks, hinter dem dann ein nuklear bewaffneter Iran stünde, geschützt werden, etwa durch die USA, damit vielleicht doch vermieden werden kann, dass dann Länder, wie die Staaten am Golf oder Saudi-Arabien selbst nach Atomwaffen strebt. Aber wir wollen uns dieses Szenario nicht in allen Details ausmalen, denn je länger man über einen Plan B nachdenkt, öffentlich diskutiert, umso mehr gefährdet man auch, dass man das Ziel im Plan A erreicht, und das ist ja langfristig eine massenvernichtungswaffenfreie Zone im Nahen Osten.
Schwarz: Israel fühlt sich ja vom iranischen Atomprogramm besonders bedroht, ist aber selbst im Besitz von Atomwaffen. Was könnte denn Israel zur Lösung des Konflikts beitragen?
Polenz: Nun, Israel hat jetzt teilgenommen an einer Konferenz, die die Internationale Atomenergiebehörde im Dezember veranstaltet hat, wo es um einen massenvernichtungswaffenfreien Nahen Osten ging. Man muss nur realistischerweise davon ausgehen, dass Israel erst dann auf seine eigenen nuklearen Kapazitäten, von denen man ja keine offizielle Bestätigung bekommt - Israel sagt ja nicht, wir sind Atommacht, jeder geht allerdings davon aus, dass Israel eine ist -, Israel wird auf diese Mittel der letzten Abschreckung erst dann verzichten, wenn überhaupt, wenn man vielleicht eine oder zwei Generationen in Frieden mit allen Nachbarn in der Region gelebt hat. Also das ist unrealistisch, hier auf eine israelische Abrüstungsinitiative zu warten als Vorbedingung dafür, dass es keine weiteren nuklear bewaffneten Staaten in der Region gibt.
Schwarz: Sie haben bereits China erwähnt, das gegen Sanktionen ist, aber auch gegen das iranische Nuklearprogramm. Ähnlich ist ja die Position Russlands. Reichen diese Positions-Vorkooperationen aus oder müsste da eigentlich von diesen Ländern auch noch ein bisschen mehr kommen?
Polenz: Ich würde mir vor allen Dingen von Russland, aber auch von China schon noch mehr wünschen. Bei der Frage der Sanktionen im Sicherheitsrat haben beide Länder eher etwas auf der Bremse gestanden und gesagt, man müsse auf andere Weise die Ziele erreichen, nur wie das dann konkret gehen soll, da bleiben sie die Antwort schuldig. Aus meiner Sicht macht auf den Iran am meisten Eindruck, wenn er das Gefühl hat, wir isolieren uns hier tatsächlich weltweit. Und da wären stärkere Signale auch aus Moskau und aus Peking sehr willkommen.
Schwarz: Der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz über den Atomstreit mit dem Iran. Herr Polenz, danke für das Gespräch!
Polenz: Bitte schön, auf Wiederhören!