Polenz sieht Anlass zu Hoffnung auf Irans Rückkehr an den Verhandlungstisch
Ruprecht Polenz im Gespräch mit Sandra Schulz im Dradio am 07.03.2012
Er gehe davon aus, dass die verschärften Sanktionen gegen den Iran Wirkung zeigen, sagt Ruprecht Polenz (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag. Ziel müsse sein, dass sich der Iran Kontrollen durch die Internationale Atomenergiebehöre unterwerfe.
Sandra Schulz: Und wir wollen die Situation noch bewerten aus Perspektive der deutschen, der europäischen Außenpolitik. Am Telefon ist der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, der CDU-Politiker Ruprecht Polenz. Guten Morgen.
Ruprecht Polenz: Einen schönen guten Morgen.
Schulz: Herr Polenz, wie kann der Iran, wie kann das iranische Atomprogramm gestoppt werden?
Polenz: Ich denke, dass die weiter verschärften Sanktionen jetzt anfangen zu wirken, und zwar so, wie die bis dato verhängten Sanktionen - der Sicherheitsrat hat ja seit einiger Zeit gegen das Nuklearprogramm Sanktionen verhängt - nicht gewirkt haben. Es gibt Signale aus dem Iran, dass man an den Verhandlungstisch zurückkehren will. Wie ernst das zu nehmen ist, muss man ausloten. Aber ich gehöre wie die Bundesregierung, wie die Europäer insgesamt zu denen, die sagen, es muss eine diplomatische Lösung erreicht werden, wo der Iran am Ende sich einer intensiven Kontrolle durch die Internationale Atomenergiebehörde unterwirft, etwa durch Ratifizierung des sogenannten Zusatzprotokolls zum Atomwaffen-Sperrvertrag, sodass dann die Behörde durch ständige, auch unangemeldete Kontrollen, wo immer sie im Land kontrollieren will, sicherstellen kann, dass ein iranisches Nuklearprogramm dauerhaft friedlich bleibt. Das ist das Ziel.
Schulz: Was macht Sie denn da so zuversichtlich, dass das klappen könnte? Die letzten Signale aus dem Iran waren, dass die Inspekteure der IAEA unverrichteter Dinge aus dem Land geworfen wurden. Gestern hat sich die IAEA auch noch mal explizit besorgt gezeigt. Was macht Sie so zuversichtlich?
Polenz: Zunächst einmal ist der Iran als Unterzeichnerstaat des Atomwaffen-Sperrvertrages verpflichtet, mit der Wiener Behörde zusammenzuarbeiten. Das ist in den letzten Monaten ein gewisses Gezerre gewesen, zwischendurch auch, und die Behörde hat auch immer wieder beklagt, dass die Kooperationsbereitschaft vor allen Dingen bei der Beantwortung der noch ungeklärten Fragen über das iranische Nuklearprogramm diese Zusammenarbeit nicht so mitmacht, wie das erforderlich ist. Das ist ja auch der Grund der Sanktionen durch den Weltsicherheitsrat gewesen.
Aber der Iran kommt jetzt immer mehr auch von sich heraus an den Punkt, wo sich die Kosten, die politischen, die moralischen, vor allen Dingen auch die ökonomischen Kosten für das Festhalten an diesem Kurs dramatisch erhöhen. Die Wirtschaftslage ist schlecht, es wird jetzt dem Präsidenten
Ahmadinedschad nach den Parlamentswahlen so gehen, dass er sich dafür jetzt vor der neuen Parlamentsmehrheit, die stärker noch den geistigen Führer unterstützt, rechtfertigen muss. Die Unzufriedenheit im Land wächst und der Iran weiß natürlich auch, was in der arabischen Welt passiert ist, weil die Jugendlichen dort auf die Straße gegangen sind aus Perspektivlosigkeit. Ähnlich ist die Lage im Iran auch. Also der Iran steht auch von innen unter Druck, sich zu reformieren, und das kann er nicht, indem er sich immer weiter isoliert.
Schulz: Und welche Rolle, Herr Polenz, spielt in der Diskussion um das iranische Atomprogramm, dass Israel selbst ja auch Atommacht ist?
Polenz: Ich glaube, dass die Frage für das iranische Programm keine große Rolle gespielt hat. Nach meiner Einschätzung mag es so gewesen sein, dass bereits der Schah die Vorstellung hatte, der Iran könne einmal eine Nuklearmacht sein. Ganz sicher kann man davon ausgehen, dass zu der Zeit, als Saddam Hussein im Irak an der Macht war und wir die Sorge hatten, dass der Irak an einem Nuklearprogramm arbeitet, dass da das iranische Programm vor allen Dingen aus Sorge vor dem Nachbarn Saddam Hussein forciert worden ist. Man darf nicht vergessen: Saddam Hussein hatte den Iran unmittelbar nach der islamischen Revolution angegriffen, auch mit Massenvernichtungswaffen, nämlich chemischen Massenvernichtungswaffen.
Und was dann nach dem Sturz Saddam Husseins aus dem Programm geworden ist, darüber gehen ja die Meinungen auseinander. Dazu gibt es dann auch die unterschiedlichen Einschätzungen der Geheimdienste. Und das Problem ist eben, dass diese Ungewissheit in einer Frage, wo eigentlich höchste Transparenz gefordert ist und wo auch der Atomwaffen-Sperrvertrag diese Transparenz sozusagen erwartet, dass der Iran hier zweideutig agiert. Auch die Atomenergiebehörde sagt ja noch nicht, wir haben die sogenannte Smoking Gun, also den schlagenden Beweis, dass der Iran hinter einem militärischen Nuklearprogramm her ist. Das macht die Sache so gefährlich, weil schon die jetzige Situation dazu führen könnte, dass andere Länder in der Region auch daran denken könnten, sich Nuklearwaffen zu beschaffen.
Schulz: Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Ruprecht Polenz (CDU), heute in den "Informationen am Morgen". Danke auch Ihnen.
Polenz: Bitte schön.
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