Es gibt wohl kaum ein Thema, das seit Ausbruch der Finanzkrise die Schlagzeilen und politischen Debatten so dominiert hat wie das der Zukunft des Euros und der Europäischen Union.
Deutschland gehört zu den Ländern, die die Krise bislang weitgehend gut überstanden haben, ja sogar gestärkt aus ihr hervorgegangen sind. Die Steuereinnahmen sprudelten in diesem Jahr so stark für Bund, Länder und Gemeinden, dass im Bundeshaushalt 2013 1,7 Milliarden Euro weniger neue Schulden aufgenommen werden müssen als ursprünglich vorgesehen.
Eine Zeitungsmeldung vom 9. November ging daneben fast unter: „Deutschland in Kauflaune“ titelte die Frankfurter Rundschau. Die Zeitung berichtete über eine Umfrage des Beratungsunternehmens Deloitte, der zufolge der Einzelhandel in diesem Jahr mit einem Rekordumsatz zum Weihnachtsgeschäft rechnet. Erstmals würde im November und Dezember diesen Jahres die Marke von 80 Milliarden überschritten. Die Stimmung der deutschen Verbraucher sei derzeit so gut wie seit fünf Jahren nicht mehr, so die Zeitung. Eine niedrige Arbeitslosenquote und steigende Löhne beflügelten die Kauflaune.
Sicher, es gibt viele Menschen, die nicht die durchschnittlich errechneten 485 Euro für Weihnachtsgeschenke und gutes Essen ausgeben können, die auf Unterstützungsleistungen und Fürsorgeangebote angewiesen sind – betroffen davon sind auch viele Kinder.
Dennoch denke ich, sagen zu können: Es geht uns gut. Wir leben in einem Wohlstand, der jenseits unserer Grenzen mit Respekt und Anerkennung gesehen wird.
Unser Wohlstand ist ein Stück dieses Europas, über das seit nunmehr vier Jahren fast nur noch in fiskalpolitischen Zusammenhängen gesprochen wird. Dass Frieden und Freiheit gerade uns Deutschen als Exportnation diesen Wohlstand erst ermöglicht haben, dringt kaum oder zumindest zu wenig in unser Bewusstsein vor. Es geht uns nicht nur gut, wir haben als Deutsche in Europa auch großes Glück – ein Glück, das wir für unsere Kinder bewahren und weiterentwickeln müssen. Ein Glück, das uns – so meine ich – verpflichtet, in Not geratenen Menschen zu helfen.
Nicht weit hinter der Grenze der Europäischen Union tobt in Syrien seit fast zwei Jahren ein inzwischen grausamer Bürgerkrieg. Die immer weiter zunehmende Gewalt forderte bereits 36.000 Opfer und ließ bislang 400.000 Syrier in die Nachbarländer fliehen. Allein in einer Woche Anfang November flohen 9.000 Menschen in die Türkei, 2.000 suchten Zuflucht in Jordanien und im Libanon. Insbesondere die Türkei leistet Großartiges, um den Menschen in ihrer existentiellen Not zu helfen. 100.000 Menschen fanden dort bislang Schutz.
Der Hohe Kommissar der UN für Flüchtlinge, Antonio Guterres, geht von 700.000 Flüchtlingen bis zum Jahresende aus. In Syrien selbst benötigen 2,5 Millionen Menschen dringend Hilfe in dieser dramatischen humanitären Lage.
In Deutschland leben derzeit ungefähr 50.000 syrisch-stämmige Menschen. Aus meiner Bürgersprechstunde weiß ich, dass etliche von ihnen den Wunsch haben, Familienangehörige wie Eltern, Geschwister und Kinder, die in die Türkei oder nach Jordanien geflohen sind, hier in Deutschland aufzunehmen, um ihnen Sicherheit zu bieten.
Die Wurzeln Europas sind das christliche Menschenbild. Der Name unserer Partei ausbuchstabiert lautet Christlich Demokratische Union. Was kann uns mehr Anlass geben, den hier lebenden Syrern, die bereit sind, ihren an Leib und Leben bedrohten Verwandten zu helfen, unsere Unterstützung und unser Wohlwollen zu geben, indem wir ihre Verwandten nach Deutschland einreisen lassen? Wir sollten ihnen diesen Wunsch erfüllen.
Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes und friedvolles Weihnachtsfest.
Ihr
Ruprecht Polenz