Die Parteien seien sich zum Verwechseln ähnlich geworden - immer wieder haben wir im Wahlkampf diese Aussage gehört. Kardinal Meißner hatte der CDU empfohlen, auf das „C“ im Parteinamen zu verzichten. Mit Blick auf abnehmenden Kirchenbesuch und die große Zahl Konfessionsloser in den neuen Bundesländern ist dieser Rat gelegentlich auch von anderer Seite zu hören. Manche übersetzen „christdemokratisch“ schlicht mit „konservativ“ und springen damit deutlich zu kurz. Warum also CDU wählen? Wofür stehen wir?
Diese Frage muß die CDU autonom beantworten und nicht nur ex negativo aus der Abgrenzung zu Positionen anderer Parteien. Gerade wenn wir die von Wahlforschern festgestellte „kulturelle Dominanz“ von rot-grün brechen wollen, muß unsere Politik Leitlinien folgen, die über den Tag hinausweisen.
In der Fülle tagespolitischer Themen muß die CDU bei ihren Entscheidungen immer wieder den „schwarzen“ Faden deutlich machen, der aus dem „C“ in unserem Namen folgt. Nur so entsteht für die Wähler neben dem personellen auch ein klares programmatisches Profil der Partei.
Aus unserem christlichen Menschenbild leiten wir nicht nur unsere Grundwerte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität ab, sondern gewinnen auch die Maßstäbe für unser politisches Handeln. Wer wie wir den Menschen als unverfügbares Subjekt mit seiner unveräußerlichen Würde begreift, kann z.B. Grenzen definieren für so dynamische Forschungsbereiche wie die Bio- und Gentechnologie. Nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch erlaubt. Wer Gerechtigkeit wie wir christlich-universell versteht, wird Armut weltweit bekämpfen und sich überall für die Menschenrechte einsetzen.
Freiheit und Verantwortung gehören für uns untrennbar zusammen: Verantwortung für sich selbst und das eigene Tun, Verantwortung für andere, vor allem für Schwächere. Deshalb sind wir keine kalten "Neoliberalisten", verkürzen unser Menschenbild nicht auf einen imaginären homo oeconomicus, sondern treten für die Soziale Marktwirtschaft ein. Deshalb suchen wir in der Sozialpolitik nach Wegen für eine "Hilfe zur Selbsthilfe" und rufen nicht gleich nach dem Staat, sondern setzen auf Selbstverantwortung und Eigeninitiative.
Wir fördern Leistungbereitschaft und setzen auf Wettbewerb – als Entdeckungsverfahren für bessere Lösungen, zur sparsamen Verwendung von Ressourcen, zur Kontrolle von Macht und zur Steigerung unseres Wohlstands.
Der Vorrang freier Träger, eine Stärkung der kommunalen Handlungsfähigkeit, die Bewahrung regionaler Identität, das Festhalten an der Nation in einem immer enger zusammenwachsenden Europa: das Subsidiaritätsprinzip ist von der Kommunal- bis zur Europapolitik grundlegender Orientierungsmaßstab christdemokratischer Politik.
Nachbarschaften, Vereine, Schulen, Selbsthilfegruppen - die CDU setzt auf die Stärkung kleiner Lebenskreise, auf vielfältige Netzwerkstrukturen und wirkt so den Anonymisierungstendenzen der modernen Gesellschaft entgegen.
Die Familie ist die Grundeinheit unserer Gesellschaft. Ohne Kinder haben wir keine Zukunft. Wo Eltern für ihre Kinder oder Kinder für ihre Eltern Verantwortung tragen will die CDU dies fördern. Es ist für Kinder am besten, in intakten Familien mit Vater und Mutter aufzuwachsen. Wenn Paare sich trennen, muss unsere Familienpolitik aber dafür sorgen, dass sie zum Wohle des Kindes in ihrer Aufgabe als Eltern die bestmögliche Unterstützung finden.
Wir wollen durch unsere Schul- und Bildungspolitik die unterschiedlichen Fähigkeiten jedes Kindes bestmöglich fördern. Dafür haben Kindergarten und Grundschule besondere Bedeutung. Wir setzen uns dafür ein, daß Erziehung wieder höheres Ansehen in der Gesellschaft genießt und daß die Leistung derjenigen, die sich dieser Aufgabe widmen, wieder als unverzichtbar für unsere Gesellschaft wertgeschätzt wird.
Die Menschen haben ein elementares Bedürfnis nach Sicherheit. Die Sicherheit des Bürgers, auch sein subjektives Sicherheitsgefühl, sind eine unverzichtbare Grundlage einer stabilen Ordnung gerade auch in der Demokratie. Schutz vor Kriminalität und Terrorismus, die Gewährleistung innerer und äußerer Sicherheit haben deshalb für die CDU zentrale Bedeutung. Unsere äußere Sicherheit wollen wir in einem starken Europa und in enger transatlantischer Partnerschaft mit den USA bewahren.
Wer nur die nächsten Wahlen im Blick hat, macht keine verantwortungsvolle Politik. Wir müssen auch an unsere Kinder und ihre Lebenschancen denken. Das betrifft den Umgang mit unserer Umwelt genauso wie den Verbrauch unserer finanziellen Ressourcen oder die Vorsorge für das Alter.
Politik bleibt die Kunst des Möglichen. Das „C“ steht auch für eine Politik mit Maß und Mitte Es gilt, Interessenkonflikte durch gerechte Kompromisse auszugleichen, Zielkonflikte zu erkennen und die eigene Politik möglichst widerspruchsfrei zu formulieren. Wir tun dies in dem Bewußtsein, daß wir nicht immer und andere auch ein Stück Recht haben können. So sollte das "C" in unserem Namen auch unseren politischen Stil prägen - und den innerparteilichen Umgang miteinander.