Ruprecht Polenz

Kein Grund zur Schadenfreude

„Mögen Sie die Amerikaner, oder mögen Sie sie nicht besonders?“ – hat das Institut für Demoskopie Allensbach kürzlich wieder gefragt. „Ich mag die Amerikaner“ sagten 2003 nur noch 27 Prozent in Ostdeutschland und 42 Prozent in Westdeutschland. Im Jahre 2001 hatten die Sympathiewerte für die Amerikaner noch bei 40 Prozent in Ost- und 54 Prozent in Westdeutschland gelegen. Es soll hier jedoch nicht um die Unterschiede im Amerikabild von Ost- und Westdeutschen gehen. Dafür gibt es Gründe, die an anderer Stelle einmal zu untersuchen wären.
Denn gemeinsam ist allen Deutschen eine deutlich kritischere Einstellung zu Amerika und der Grund dafür liegt auf der Hand: der Krieg gegen den Irak. Die Ablehnung dieses Krieges durch die Deutschen war überwältigend. „Waren Sie selbst für oder gegen den Irak-Krieg?“ hatte Allensbach gefragt. „Für den Irak-Krieg“ sagten 12 Prozent. „Ich war dagegen“, sagten 76 Prozent.

Und gibt nicht die Nachkriegsentwicklung den Kritikern zusätzlich Recht? Massenvernichtungswaffen wurden bis heute nicht gefunden; die Hiobsbotschaften aus Irak nehmen kein Ende; die Anschläge auf die Amerikaner reißen nicht ab. Sollen die Amerikaner die Suppe doch selbst auslöffeln, die sie sich eingebrockt haben, mag mancher denken – vielleicht nicht ganz frei von Schadenfreude.

Bundeskanzler Schröder hat nicht so gedacht, als er jetzt nach 16 Monaten der Sprachlosigkeit in New York mit dem amerikanischen Präsidenten zusammentraf – und das war auch gut so. Denn bei allen Meinungsunterschieden darüber, ob der Irak-Krieg falsch oder richtig war, muss sich verantwortliche Politik der Zukunft zuwenden. Der Wiederaufbau im Irak darf nicht scheitern. Es liegt auch in deutschem Interesse, dass sich der Irak nicht von einem totalitären Staat zu einem „failed state“ entwickelt, einem Staat, der in Bürgerkrieg, Anarchie und Chaos versinkt.

Das (Selbst)zerstörungspotential dafür ist vorhanden: Die 35jährige grausame Diktatur von Saddam Hussein hat wenig übriggelassen, worauf man Rechtsstaatlichkeit und Pluralismus, Minderheitenschutz und demokratische Teilhabe der Menschen aufbauen könnte. Er hat das Land heruntergewirtschaftet und ruiniert, trotz seines potentiellen Ölreichtums. Die noch immer nicht funktionierende Elektrizitäts- und Wasserversorgung ist keine Folge des Irak-Krieges, sondern Ergebnis der Ausplünderung des Landes durch Saddam Hussein und seine Helfer.

Kurden, Sunniten und Schiiten, die drei großen ethnischen und religiösen Gruppen im Irak haben unterschiedliche Vorstellungen von der künftigen politischen Ordnung und der Zukunft ihres Landes, und sie sind sich oft auch untereinander nicht einig. Damit eine gewaltfreie Willensbildung der Iraker über diese Streitfragen überhaupt stattfinden kann, braucht das Land eine von den Irakern angenommene Verfassung, ehe auf dieser Grundlage freie Wahlen durchgeführt werden können. Es braucht also noch Zeit, ehe der Irak den Irakern zurückgegeben werden kann.

Parallel zu diesem Verfassungsprozeß benötigt der Irak internationale Hilfe, an der sich – im eigenen Interesse - auch Deutschland beteiligen muss. Nicht mit Soldaten. Das hatten die Amerikaner übrigens zu keiner Zeit, auch nicht vor dem Krieg, von uns erwartet. Aber mit technischer und humanitärer Unterstützung und mit Hilfe beim Aufbau der Polizei. Damit nach dem Krieg auch der Frieden gewonnen wird, müssen Europäer und Amerikaner im Irak zusammenarbeiten.

Ruprecht Polenz (CDU) ist Mitglied des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages und Präsident der Deutsch-Atlantischen Gesellschaft