Vor uns liegen harte Wochen der parlamentarischen Arbeit. Nach einer relativ langen Sommerpause müssen wir unsere Kräfte jetzt wieder bündeln und uns auf wichtige Entscheidungen vorbereiten.
Wir haben in den vergangenen 9 Monaten Beachtliches geleistet:
430.000 weniger Arbeitslose, mindestens 1,8% Wirtschaftswachstum (0,9% in 2005),
ein Bundeshaushalt, der wieder die Defizitgrenzen des EU-Stabilitätspakts einhält,
sowie die Tatsache, dass die Bundesagentur für Arbeit erstmals seit 1988 Überschüsse verzeichnen kann, sind Ausdruck der erfolgreichen innenpolitischen Weichenstellungen der Großen Koalition.
Außenpolitisch ist Deutschland wieder ein geachteter und zuverlässiger Partner in der Welt, der auch international Verantwortung übernimmt. Das alles zeigt: Die Lage ist weit besser als die Stimmung. Darum muss es unser Ziel sein, die Arbeit der Großen Koalition nach außen besser zu vertreten und deutlich zu machen, dass wir dieser Koalition Erfolg zutrauen. Und wir haben Erfolg. Wenn wir den Menschen wieder mehr Zuversicht in die Gestaltungskraft der Politik geben wollen, darf es in den nächsten Monaten nicht ständig um das gegenseitige Aufrechnen gehen. Die Bürger erwarten von uns auch nicht permanentes Klagen über die begrenzten Möglichkeiten der Großen Koalition, sondern Ergebnisse und Lösungen zum Wohl unseres Landes.
In den nächsten Wochen liegen vor uns: Die Fortsetzung der Haushaltssanierung, die Umsetzung der Eckpunkte der Gesundheits-, Unternehmens- und Erbschaftssteuerreform, eine Lösung für die Privatisierung der Bahn, die neuerlichen Herausforderungen für die innere Sicherheit sowie der Einsatz der Bundeswehr im Südlibanon. Im wichtigen Bereich der Arbeitmarktpolitik bewegt sich die SPD auf uns zu: Es ist eine bemerkenswerte Entwicklung, dass die Sozialdemokraten nun zu der Erkenntnis kommen, dass sich für die Stützen unserer Gesellschaft Leistung wieder lohnen soll oder dass eine Leistungspflicht für Empfänger des ALG II prinzipiell die Anreize vergrößern muss, Arbeit aufzunehmen. Wir nehmen unseren Koalitionspartner beim Wort und werden ihn daran bei den weiteren gemeinsamen Reformvorhaben messen.
• Beteiligung an der Libanon-Mission der UN: Das Engagement der internationalen Gemeinschaft nach der Waffenruhe im Libanon ist für uns von großer Bedeutung. Wir haben ein nationales Interesse an der Stabilität des Nahen Ostens. Spätestens seit den geplanten Kofferbombenattentaten auf Regionalzüge in Deutschland ist uns allen klargeworden: Die Grenzen von innerer und äußerer Sicherheit werden immer unschärfer. Das werden wir bei unseren weiteren Überlegungen zu berücksichtigen haben. Jetzt liegt es in der Verantwortung der internationalen Gemeinschaft, die Wiederherstellung von Sicherheit in der Region zu unterstützen und beim Wiederaufbau zu helfen. Ein souveräner Libanon ist im Interesse der Staatengemeinschaft. Darum bereiten wir uns darauf vor, im Parlament einen Beschluss zu fassen, mit dem wir ein Kontingent der Bundeswehr für die UNIFIL-Truppen der Vereinten Nationen bereitstellen. Damit werden wir die Ziele der VN-Resolution 1701 unterstützen. Wir sind bereit, mit der Marine sowie geeigneter Technologie illegale Waffeneinfuhren in den Libanon seeseitig zu unterbinden. Darüber hinaus wollen wir uns bei der technischen Hilfs- und Aufbauarbeit engagieren. Gerade diese Arbeit ist im Rahmen der Mission so wichtig, weil wir das Feld des Wiederaufbaus vor Ort nicht der Hisbollah überlassen dürfen.
Die Woche im Parlament:
• Haushaltswoche: In erster Lesung werden wir das Haushaltsgesetz 2007 beraten. Der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf ist ein weiterer Schritt auf unserem Weg zu konsolidierten Staatsfinanzen und gleichzeitig Ausdruck einer verantwortungsbewussten, vorausschauenden Haushaltspolitik. Der Haushalt 2007 sieht Ausgaben in Höhe von 267,6 Mrd. € vor. Die Investitionen werden bei rund 23,5 Mrd. € stabilisiert. Vor allem die Infrastrukturleistungen des Bundes werden auf hohem Niveau verstetigt. Durch gezielte Umschichtungen in Zukunftsaufgaben wie Forschung, Entwicklung, Bildung und Familienförderung erfolgt der Einstieg in eine Verbesserung der Haushaltsstruktur. Die Nettokreditaufnahme wird im Vergleich zu 2006 um rund 16,2 Mrd. € auf 22 Mrd. € vermindert. Sie liegt damit unter der verfassungsrechtlichen Regelgrenze nach Art. 115 GG. Auch das Defizitkriterium des EU-Stabilitätspakts wird eingehalten. Das gesamtstaatliche Defizit geht im Jahr 2007 auf etwa 2,5% des BIP zurück. Es wird aller Voraussicht nach sogar schon 2006 unter die Defizitquote von 3% sinken. Damit wird deutlich, dass der eingeschlagene Kurs der Haushaltskonsolidierung schon jetzt seine Wirkung entfaltet. Mit dem Bundeshaushalt werden wir in der Großen Koalition die erfolgreiche Haushalts- und Finanzpolitik fortsetzen.
Daten und Fakten
• Die Arbeitslosigkeit geht weiter zurück: Laut Bundesagentur für Arbeit sorgt die konjunkturelle Entwicklung dafür, dass sich die drei wichtigsten Indikatoren für die Arbeitsmarktentwicklung weiter günstig darstellen: Die Arbeitslosigkeit geht zurück, Erwerbstätigkeit und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung steigen und die Zahl der offenen Stellen ist hoch. Die Zahl der Arbeitslosen hat im August um 14.000 auf 4.372 Mio. abgenommen. Im Vergleich zum Vorjahr gab es bundesweit 426.000 Arbeitslose weniger (West: - 297.000; Ost: - 129.000). Die Arbeitslosenquote im August: aber bleibt jedoch unverändert (10,5%). Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ist die Zahl der Erwerbstätigen im Juli saisonbereinigt um 53.000 gestiegen. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung lag im Juni merklich über dem Vorjahresniveau. Die erste vorläufige Hochrechnung weist gegenüber dem Vorjahr einen Anstieg von 129.000 auf 26,31 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte aus. Die Lage in den ostdeutschen Bundesländern bleibt jedoch weiter angespannt. (Quelle: Bundesagentur für Arbeit, 31.08.2006)
• Konsumklima weiterhin auf hohem Niveau: Laut GfK-Konsumklimastudie für August 2006 hat die Stimmung der deutschen Verbraucher zum Spätsommer dieses Jahres ihren Höhepunkt erreicht. Nach revidiert 8,5 Punkten im August prognostiziert der Konsumklimaindikator für September einen Wert von 8,6 Punkten. Allerdings schätzen die Verbraucher die Konjunkturaussichten etwas pessimistischer ein. Im August büßte der Indikator gegenüber dem Vormonat zwar 4 Punkte ein und liegt nun bei 11,4 Punkten. Das sind jedoch immer noch 23 Punkte mehr als im August 2005. Weiterhin ungebrochen hoch ist die Neigung der Verbraucher, größere Anschaffungen zu tätigen. Mit 56,1 Punkten wurde der zweithöchste Wert erreicht, der jemals gemessen wurde.
(Quelle: GfK, 29.08.2006)
• Arbeitskosten in Deutschland – 33 Euro Nebenkosten auf 100 Euro Lohn: Das Statistische Bundesamt hat für Deutschland im produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich Arbeitskosten von durchschnittlich 28,18 Euro je geleistete Arbeitsstunde ermittelt. Die Arbeitgeber zahlten im produzierenden Gewerbe und in den marktbestimmten Dienstleistungsbereichen pro 100 Euro Bruttolohn und -gehalt im Durchschnitt zusätzlich gut 33 Euro Lohnnebenkosten. Davon entfielen 20 Euro auf die Arbeitgeberpflichtbeiträge zur Sozialversicherung, 6 Euro auf die betriebliche Altersversorgung, knapp 3 Euro auf die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und im Mutterschutz, rund 2 Euro auf Kosten des Personalabbaus sowie fast 3 Euro auf sonstige Lohnnebenkosten. Auch in den Nachbarstaaten Deutschlands prägen die Sozialsysteme die Lohnnebenkosten. 2004 zahlten die Arbeitgeber in den Niederlanden 32 Euro und in Polen 25 Euro Lohnnebenkosten zusätzlich zu je 100 Euro Bruttolohn. In Deutschland arbeiteten Vollzeitbeschäftigte im Jahr 2004 durchschnittlich 1.673 Stunden. Die wenigsten Stunden wurden im Wirtschaftszweig „Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen“ (1.500 Stunden), die meisten im Wirtschaftszweig Recycling (1.808 Stunden) geleistet. Zusätzlich zu den Feiertagen wurden die Arbeitnehmer an weiteren 42 Arbeitstagen entlohnt, obwohl sie dafür keine Arbeitsleistung erbringen mussten. Anders ausgedrückt: Von den 254 potenziellen Arbeitstagen im Jahr 2004 wurde durchschnittlich jeder sechste Tag ohne Arbeitsleistung entlohnt.
• Deutschland profitiert von der EU-Osterweiterung – überdurchschnittlicher Außenhandel mit Polen und Tschechien: Die deutschen Ausfuhren in die zehn neuen EU-Mitgliedstaaten haben sich im zweiten Quartal 2006 im Vergleich zum Vorjahr um 22,8% auf 20,7 Mrd. € erhöht. Exporte nach Polen stiegen sogar um 35,1% auf 7,1 Mrd. € und nach Tschechien um 19,3% auf 5,6 Mrd. €. Insgesamt wuchsen die deutschen Exporte im zweiten Quartal um 9,7% auf 215 Mrd. €. Exporte in die EU-Mitgliedsländer sind insgesamt um 9,8% auf 138,9 Mrd. € gestiegen und legten damit stärker zu als die deutschen Gesamtausfuhren.
(Quelle: Statistisches Bundesamt, 29.08.2006)