Nur multilateral und letztlich nur, wenn sich auch die USA zu direkten Gesprächen mit dem Iran bereit finden, wird sich der Konflikt um das iranische Nuklearprogramm diplomatisch lösen lassen. Mit Senator Richard Lugar, dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses des US-Senats, hat sich jetzt erstmals ein einflussreicher amerikanischer Politiker diese Position zu Eigen gemacht.
Es war nicht einfach, die weltweiten Besorgnisse wegen der militärischen Möglichkeiten des iranischen Atomprogramms in einer gemeinsamen Resolution des Gouverneursrats der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zusammenzufassen, der sowohl die USA und die EU als auch Russland und China zustimmen konnten. Auch Länder wie Brasilien, Indien oder Ägypten stimmten zu und forderten Teheran u.a. auf, die anreicherungsbezogenen Aktivitäten einschließlich der Forschungsaktivitäten wieder zu suspendieren, das Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag unverzüglich zu ratifizieren und es vollständig zu implementieren. Diese weltweite Gemeinsamkeit gilt es beim weiteren Vorgehen zu erhalten: für die weiteren Schritte im Gouverneursrat und – wenn es dazu kommt – auch im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.
Es war für Teheran durchaus ernüchternd zu sehen, dass nur Kuba, Venezuela und Syrien gegen IAEA-Resolution gestimmt hatten. Der frühere Chefunterhändler Rowhani, der jetzt Beauftragter des geistigen Führers für die Nuklearverhandlungen ist, meldete sich öffentlich zu Wort und warnte den Präsidenten vor einer Isolierung Irans.
Seitdem lässt Teheran nichts unversucht, um die weltweite Ablehnungsfront seiner Nuklearpolitik zu spalten. Bisher waren diese Bemühungen erfolglos. Das könnte sich ändern, wenn bei der Verabredung der weiteren Schritte im Gouverneursrat oder im UN-Sicherheitsrat die Geschlossenheit der internationalen Gemeinschaft nicht weiterhin eine ganz entscheidende Bedeutung behält.
Es kann durchaus vernünftig sein, Russland mehr Zeit zu geben für seine Verhandlungen mit Iran. Auch China will, dass der Iran den Sperrvertrag einhält. „Wir müssen viel mehr Länder einbinden - natürlich China und Russland als Vermittler, aber viele Länder mehr. Wir brauchen eine breite, multilaterale Antwort, keine amerikanische“, hat Senator Lugar richtig gefordert.
Letztlich wird eine Lösung nur zu erreichen sein, wenn in den Verhandlungen nicht nur über wirtschaftliche und technologische Zusammenarbeit mit Iran gesprochen werden kann als Gegenleistung für einen Verzicht Teherans auf den militärisch nutzbaren Teil des Brennstoffkreislaufs. Es muss eine Verbindung gefunden werden zwischen diesen Verhandlungen und Gesprächen über die legitimen Sicherheitsinteressen des Iran und seine künftige Rolle in der Region. Nur so lassen sich auch die militärischen Hintergedanken adressieren, die hinter dem iranischen Nuklearprogramm befürchtet werden.
Spätestens sei dem Ende der Herrschaft Saddam Husseins im Irak kreist das Sicherheitsdenken des Iran vor allem um die wachsende Präsenz amerikanischer Truppen in der Region. Schon aus diesem Grund sind aussichtsreiche Gespräche mit Teheran über die Sicherheitsarchitektur im Nahen Osten und am Golf ohne direkte amerikanische Beteiligung nicht möglich. Dazu noch mal Senator Lugar: „Wir sollten die Verhandlungen erweitern. Die USA, die Iraner, Europäer, Russen und Chinesen sollten mitmachen. Das ist eine konstruktive Idee. Und während der Gespräche müsste Iran seine atomaren Aktivitäten auf Eis legen.“
Bisher haben sich die USA allerdings strikt geweigert, einen solchen Schritt auch nur ins Auge zu fassen. Aber das könnte sich ändern. Außenministerin Condoleezza Rice und Sicherheitsberater Stephen Hadley haben dem Vernehmen nach eine vollständige Überprüfung der amerikanischen Iran-Politik in Auftrag gegeben.
Was für die Sechser-Gespräche über das nordkoreanische Atomprogramm gilt – hier sitzen Amerikaner bekanntlich mit Nordkorea am Verhandlungstisch – sollte auch für die Verhandlungen mit dem Iran möglich sein: Je eher die Amerikaner mit am Verhandlungstisch sitzen, desto besser.
*Ruprecht Polenz (CDU) ist Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages