Ruprecht Polenz

Unsere Zielsetzung für 2006: Den Aufschwung verstetigen

Zum Jahreswechsel deutet sich ein Stimmungsumschwung in Deutschland an: Die Prognosen für die wirtschaftliche Entwicklung werden deutlich besser. Die Zuversicht bei Unternehmen und Verbrauchern steigt. Gleichzeitig gewinnen die Menschen durch den erfolgreichen Start der neuen unionsgeführten Bundesregierung wieder mehr Zutrauen in die Politik. Jetzt kommt es darauf an, dieses Zukunftsvertrauen durch entschlossenes, stetiges und verlässliches Handeln weiter zu stärken. Dies will die Regierungskoalition durch Impulse für Wachstum, Beschäftigung und Innovation, verbesserte gesetzliche Rahmenbedingungen, die Konsolidierung des Bundeshaushaltes und Strukturreformen tun. Es gilt der Dreiklang Investieren, Sa-nieren, Reformieren.
Ergebnisse Kabinettsklausur

Das Bundeskabinett hat entsprechend dieser Vorgaben auf seiner Klausurtagung in Genshagen ein erstes umfassendes Maßnahmenpaket mit einem Gesamtvolumen von rund 25 Milliarden Euro für den Zeitraum 2006 bis 2009 beschlossen. Fünf zentrale Felder werden davon profitieren:
Förderung von Forschung und Entwicklung: Im Jahr 2006 zusätzlich rund 800 Mio. Euro; bis 2009 insgesamt zusätzlich 6 Mrd. Euro.
Belebung von Mittelstand und Wirtschaft: u.a. Anhebung der degressiven AfA bei beweglichen Wirtschaftsgütern, Ausweitung der Ist-Versteuerung, CO2-Gebäudesanierungsprogramm; insgesamt bis 2009 rund 9,4 Mrd. Euro.
Erhöhung der Verkehrsinvestitionen um insgesamt zusätzlich 4,3 Mrd. Euro bis 2009.
- Förderung der Familien durch das Elterngeld: bis 2009 insgesamt zusätzliche Förderung in Höhe von 3 Mrd. Euro.
Haushalt als Arbeitgeber: u.a. Ausweitung der steuerlichen Anerkennung von Kinderbetreuungs- und Pflegekosten, Instandhaltungs- und Modernisierungskosten; insgesamt bis 2009 rund 5 Mrd. Euro, davon 2,5 Mrd. Euro Bundesmittel.

Diese Maßnahmen sind darauf angelegt, über das Jahr 2006 hinaus eine ebenso langfristige wie nachhaltige Wirkung mit Blick auf Wachstum, Beschäftigung und Innovation zu entfalten. Von einem einmaligen „Strohfeuer“ kann somit keine Rede sein.

Darüber hinaus wurden Zielmarken für weitere entscheidende Reformmaßnahmen gesetzt:
Das Bundeskanzleramt wird in Kürze ein Umsetzungsprogramm zum Bürokratieabbau vorlegen.
Ein nationaler Energiegipfel zu Beginn des zweiten Quartals bildet den Auftakt für die Ausarbeitung eines energiepolitischen Gesamtkonzeptes der Bundesregierung.
Die dringend erforderlichen Reformen der Krankenversicherung und der Pflegeversicherung sollen im Jahr 2006 konzipiert und beschlossen werden.
Bis zum Herbst 2006 werden Vorschläge für mehr Beschäftigung für gering qualifizierte Menschen erarbeitet.
Die Bundesregierung wird die Eckpunkte einer Unternehmenssteuerreform bis zum Herbst 2006 erarbeiten. Ein anschließendes Gesetzgebungsverfahren soll bis zur parlamentarischen Sommerpause 2007 abgeschlossen werden, damit die Reform ab dem 1. Januar 2008 in Kraft treten kann.
Die Föderalismusreform wird in den nächsten Monaten zügig verabschiedet.

Ergebnis EU-Gipfel

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die deutschen Interessen beim Europäischen Rat in Brüssel wirkungsvoll vertreten und erreicht, dass europäische Handlungsfähigkeit und Begrenzung der deutschen finanziellen Beiträge verbunden werden konnten:
- Das Ausgabenvolumen der EU für die sieben Jahre ab 2007 wurde auf 862,4 Mrd. Euro begrenzt und liegt damit deutlich unter den ursprünglich von der EU-Kommission veranschlagten 998 Mrd. Euro.
- Durch die im Zuge der historischen Erweiterung notwendige Erhöhung des EU-Finanzrahmens steigt der jährliche deutsche Nettobeitrag zwar um 2,5 Mrd. Euro. Dies ist aber weniger, als im vergangenen Sommer von der vorherigen Bundesregierung zugestanden worden war.
- Die ursprünglichen Vorschläge der EU-Kommission aus dem Jahr 2004 hätten einen Anstieg des deutschen Nettobeitrages auf 0,54% des Bruttonationaleinkommens (BNE) bewirkt. Durch die in Brüssel ausgehandelte Begrenzung des EU-Finanzrahmens und die Korrektur des Briten-Rabatts muss Deutschland stattdessen künftig nur 0,43% des BNE aufwenden.

Iran muss auf den Pfad der Diplomatie zurückkehren

Das derzeitige Verhalten Teherans in der Frage des iranischen Atomprogramms ist nicht akzeptabel. Die Möglichkeit der Entwicklung von Atomwaffen durch den Iran gibt mit Blick auf die Stabilität im Nahen und Mittleren Osten Anlass zu Besorgnis. Drohgebärden des
iranischen Präsidenten gegenüber Israel verstärken die Brisanz der Situation noch.

Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben seit bekannt werden der iranischen Nuklearaktivitäten erhebliche diplomatische Anstrengungen unternommen, um Teheran zum Verzicht auf die Herstellung von waffenfähigem Material zu bewegen. Mit der Wiederaufnahme der zur Vertrauensbildung unterbrochenen Urananreicherung hat der Iran jetzt diesen Verhandlungsprozess einseitig aufgekündigt. Es ist daher richtig, dass die Bundesregierung gemeinsam mit ihren Partnern beschlossen hat, den Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) mit der Lage zu befassen und gegebenenfalls den UN-Sicherheitsrat anzurufen. Dessen ungeachtet bleibt es Ziel aller Bemühungen, das Problem diplomatisch im multilateralen Rahmen und mit friedlichen Mitteln zu lösen.

• BND: Angemessene Aufklärung. In der Frage der Tätigkeit von BND-Mitarbeitern im Irak vor und während des Kriegs im Jahr 2003 müssen die in den Medien erhobenen Vorwürfe sachlich und ohne jede Hysterie ausgeräumt werden. Eine Beschädigung des BND muss dabei mit Blick auf die Sicherheitsinteressen Deutschlands vermieden werden. Die Funktionsfähigkeit des BND hängt auch ganz wesentlich von seiner Kooperationsfähigkeit mit anderen Diensten ab. Diese Kooperationsfähigkeit darf nicht zur Disposition gestellt werden. Der angemessene Weg zur Klärung des Sachverhalts ist deshalb die ausführliche Befassung des Parlamentarischen Kontrollgremiums sowie der zuständigen Ausschüsse. Für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses besteht nach den bislang vorliegenden Erkenntnissen keine Notwendigkeit. Dies wird sich auch bestätigen, falls der Untersuchungsausschuss dennoch von der Opposition eingesetzt wird.

• Vogelgrippe: Prävention statt Panikmache. Die in der Türkei im Zusammenhang mit der Vogelgrippe registrierten Todesfälle sind besorgniserregend. Dennoch gilt es jetzt, unnötige Panik zu vermeiden und durch gezielte Prävention eine weitere Verbreitung des Virus – insbesondere durch den illegalen Import von Geflügel – zu verhindern. Der Fünf-Punkte-Plan des Verbraucherschutzministers gibt hier die richtigen Leitlinien vor: Informationen von Reisenden, Information türkischer Mitbürger, Warenkontrollen im Reiseverkehr, die Aufstallung von Freilandgeflügel und eine Intensivierung des Wildvogelmonitoring. Für eine einheitliche Umsetzung dieser Maßnahmen werden wir uns auch im europäischen Rahmen einsetzen.

Daten und Fakten

Arbeitslosigkeit saisonbereinigt deutlich rückläufig: Die Arbeitslosigkeit hat im Dezember saisonbereinigt beträchtlich abgenommen. Auch wenn man jahreszeitliche Sondereffekte und die Unterstützung durch Arbeitsmarktpolitik in Rechnung stellt, bleibt der Rückgang mehr als beachtlich. Die Stärke und die Kontinuität der Abnahme deuten darauf hin, dass die Besserung zunehmend vom konjunkturellen Umfeld begünstigt wird. (Quelle: BA Monatsbericht Dezember 2005)

Die wichtigsten Daten zur Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt:
Im Dezember wurden 4.606.000 Arbeitslose registriert; das sind 75.000 mehr als im November und 142.000 mehr als im Dezember 2004.
Rechnet man den von der BA auf rund 330.000 bezifferten statistischen „Hartz-IV-Effekt“ heraus, lag die Arbeitslosigkeit im Dezember um 188.000 unter der des Vorjahresmonats.
Saisonbereinigt ging die Zahl der Arbeitslosen von November auf Dezember um 110.000 zurück.
- Die Zahl der bei der BA gemeldeten offenen Stellen erhöhte sich gegenüber Dezember 2004 um rund 169.000.
Im Durchschnitt des gesamten Jahres 2005 waren 4,863 Millionen Arbeitslose registriert. Auch unter Abzug des „Hartz-IV-Effekts“ (ca. 380.000) wurde damit im vergangenen Jahr ein trauriger Rekord markiert.

Wirtschaftswachstum 2005

Nach ersten Berechnungen des Statistischen Bundesamtes hat sich das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2005 im Vergleich zum Vorjahr preisbereinigt um 0,9% erhöht. Damit hat sich die wirtschaftliche Belebung des Jahres 2004 (+1,6%) etwas abgeschwächt. Allerdings standen im Jahr 2005 weniger Arbeitstage zur Verfügung als im Vorjahr. Nach Ausschaltung dieses Kalendereffekts ergibt sich für das Jahr 2005 eine Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts von 1,1%, die genauso hoch ist wie in 2004. Das Wachstum wurde 2005 hauptsächlich getragen durch einen sehr dynamischen Außenhandel (Exporte +6,2%, Importe +5,0%). Der private Konsum dagegen stagnierte auf dem Niveau des Jahres 2004. (Quelle: destatis 12.1.2006)

Weiter verbesserte Konjunkturaussichten für 2006

Wirtschaftsforscher, Finanzmarkt und Branchenvertreter sehen für die kommenden Monate gute Chancen für einen Aufschwung:
- Das DIW rechnet für 2006 mit einem Wirtschaftswachstum von 1,7%. (Quelle: dpa 3.1.2006)
- Der ZEW-Index stieg im Januar deutlich um 9,4 Punkte auf 71 Punkte. Damit liegt er doppelt so hoch wie im langjährigen Durchschnitt. (Quelle: Reuters 10.1.2006)
- Der Bundesverband des Deutschen Groß- und Außenhandels rechnet für 2006 mit zweistelligen Wachstumsraten bei Importen und Exporten. (Quelle: Süddeutsche Zeitung 5.1.2006)
- Nach einer Studie der Union Mittelständischer Unternehmen erwarten 24% der befragten Unternehmen in den kommenden neun Monaten eine Verbesserung der Wirtschaftslage, lediglich 14% eine Verschlechterung. Im vergangenen Jahr war dieses Verhältnis noch umgekehrt. 60% der befragten Mittelständler wollen in diesem Jahr Investitionen vornehmen. (Quelle: Süddeutsche Zeitung 5.1.2006)

Mehr wirtschaftliche Freiheit in Deutschland – Probleme weiter groß

Im "2006 Index of Economic Freedom" der Heritage Foundation wird Deutschland erstmals seit Bestehen des Rankings im Jahr 1994 als „wirtschaftlich freies Land" aufgelistet. Bisher rangierte Deutschland in dem Bericht stets in der Kategorie der „überwiegend freien Länder". Insgesamt bleibt die Bewertung Deutschlands allerdings kritisch: Das Land habe sein „Potential in den vergangenen Jahren nicht ausgeschöpft“ und sei weiterhin „eine der schwächsten Volkswirtschaften" in der EU. Die gravierendsten Probleme sind laut Heritage-Studie: Zu hohe Arbeitslosigkeit, zu hohe Lohnnebenkosten, dauerhaft zu schwaches Wachstum und ein zu großes staatliches Haushaltsdefizit. (Quelle: FAZ 5.1.2006)

Renteneinstiegsalter steigt

Laut Angaben der Rentenversicherungsträger gingen Männer im Jahr 2004 im Schnitt im Alter von 63,3 Jahren in Rente, Frauen mit 63,4 Jahren. Im Jahr 2000 lag das durchschnittliche Renteneintrittalter von Männern bei 62,4 Jahren und von Frauen bei 62,8 Jahren. (Quelle: Bild 12.1.2006)