Es ist richtig: Wir haben in Deutschland ein Problem der Jugendkriminalität. Und: Für viele Menschen bedeutet dies, dass sie sich nicht mehr angstfrei an öffentlichen Orten bewegen können. Das zu thematisieren, ist richtig.
Die derzeitige Debatte gibt uns die Gelegenheit, sachlich, umfassend und mit Augenmaß die Ursachen zu erkennen und nach Lösungen zu suchen, damit sich die Menschen sicher fühlen können.
Wir müssen benennen, dass mehr als jeder fünfte junge Gewalttäter (21,9 %) keinen deutschen Pass hat, obwohl Ausländer nur ein Zehntel dieser Bevölkerungsgruppe ausmachen. Dies bedeutet aber nicht, dass ausländische Jugendliche per se krimineller sind als ihre deutschen Altersgenossen.
Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die Bereitschaft zur Kriminalität mit der Lebenslage der jungen Menschen zusammenhängt. Danach geht die Zahl der Intensivtäter zurück, je besser die Bildungsmöglichkeiten der Jugendlichen und je weniger deren Familien von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Auch die kulturelle Prägung spielt eine entscheidende Rolle. Je weniger Jugendliche Züchtigung und Misshandlung in ihrer Kindheit erleben und je weniger sie die Erfahrung von Gewalt zwischen den Eltern machen, desto geringer ist ihre eigene Gewaltbereitschaft. Auch die Bereitschaft des sozialen Umfelds, Gewalt als ein Mittel der Konfliktlösung zu betrachten, ist prägend für einen möglichen späteren Gewalteinsatz. Negative Erfahrungen mit diesen Faktoren machen in Deutschland eher Kinder mit Mitgrationshintergrund als deutsche Kinder, und es sind insbesondere türkische Jugendliche betroffen.
Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung von frühkindlicher Bildung. Diese beginnt bereits mit einer Sprachförderung im Kindergarten. Sie legt die Grundlagen für den gesamten späteren Bildungsweg und eine erfolgreiche Integration in unsere Gesellschaft und für die Akzeptanz unserer Werte und unserer Vorstellungen eines gesellschaftlichen Miteinanders. Zur Lösung des Problems gehört auch, die Defizite unseres Schulsystems zu beseitigen, mit denen alle Schüler zu kämpfen haben, und den Willen für die notwendigen Investitionen aufbringen.
Wie die Integrationsanstrengungen in Deutschland weiter verbessert werden können, dafür entwickelt die CDU mit der Islamkonferenz des Innenministers, Wolfgang Schäuble, und dem Integrationsgipfel der Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration, Maria Böhmer, wichtige Grundlagen. Alle gesellschaftlichen Kräfte arbeiten Hand in Hand mit Migrantinnen und Migranten daran, neue und effektive Wege der Integration erfolgreich zu beschreiten. Diese Initiativen werden fortgesetzt.
Bei der Verfolgung jugendlicher Straftäter gibt es schwere Versäumnisse. Zur Bekämpfung von Jugendkriminalität gehört eine konsequente und vor allem zügige Anwendung der Strafgesetzgebung. Straftat ist Straftat – egal von wem sie ausgeübt wird. Das Jugendgerichtsgesetz nennt eine breite Palette von Sanktionen, die von Ermahnungen, gemeinnütziger Arbeit bis zum kurzzeitigen Jugendarrest und als letzte Möglichkeit bei schweren Straftaten eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren reichen. Die Möglichkeiten, die sich hier bieten, müssen voll ausgeschöpft und in ein therapeutisches Gesamtkonzept eingebettet werden. Vor allem muss die Strafe unmittelbar nach Begehen der Tat folgen, d.h. die Dauer der Jugendverfahren ist zu verkürzen. Hier müssen wir uns selbstkritisch fragen, ob die Mühlen von Justitia auch deswegen so langsam mahlen, weil es am nötigen Personal fehlt und wie Staat und Politik Abhilfe schaffen können.
Die Ängste der Menschen müssen ernst genommen werden. Es darf keine rechtsfreien Räume geben. Dazu bedarf es eines Gesamtpakets aus präventiven und repressiven Maßnahmen. Die erfolgreichsten sind die, die Gewalt erst gar nicht entstehen lassen. Wir dürfen uns der wissenschaftlich geführten Erkenntnis nicht verschließen, dass der Erziehungsgedanke bei Jugendlichen grundsätzlich richtig ist. Die Rückfallquote bei Gefängnisstrafen liegt bei 80 %.
Bei Tätern allerdings, die so gefährlich sind, dass die Allgemeinheit vor ihnen nur durch hohe Gefängnisstrafen oder eine Abschiebung geschützt werden kann, müssen diese Maßnahmen angewendet werden.
Wir dürfen jedoch nicht nur auf die Täter, sondern müssen auch auf die Opfer schauen. Unsere umfassende Hilfe und Unterstützung gilt ihnen, damit sie die Folgen von Gewaltverbrechen bewältigen können. Sie haben ein Recht auf eine Debatte, die sich sachlich mit den Ursachen von Jugendkriminalität auseinandersetzt und zielführende politische Maßnahmen, damit Gewalt eingedämmt wird.